Der Schutz des Klimas stellt nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Politik vor eine große Herausforderung. Die Bundesregierung strebt mit verschärften Klimaschutzvorgaben eine Klimaneutralität bis 2045 an. Bayern und Baden-Württemberg sind in dieser Hinsicht noch ehrgeiziger und wollen eine Treibhausgasneutralität bis 2040 erreichen. Für die Erfüllung dieser ambitionierten Ziele bedarf es unter anderem auch eines beschleunigten Ausbaus der erneuerbaren Energien.
In Baden-Württemberg wurde vor diesem Hintergrund mit Wirkung ab Januar 2022 eine Solardachpflicht bei Neubauten im Nichtwohnbereich eingeführt; ab Januar 2023 greift diese auch bei allen grundlegenden Dachsanierungen. In Bayern wird derzeit ebenfalls ein entsprechender Gesetzesentwurf diskutiert. Dieser sieht eine Solardachpflicht bzgl. neu errichteter Gewerbe- und Industriegebäude mit Wirkung ab dem 1. Januar 2023 sowie für sonstige Nicht-Wohngebäude mit Wirkung ab dem 1. Juli 2023 vor. Hierbei ist aktuell vorgesehen, dass es einer Neuerrichtung im vorgenannten Sinne gleichsteht, wenn die Dachhaut vollständig erneuert wird.
Für Vermieter stellt diese Pflicht jedoch eine nicht unerhebliche Herausforderung dar.
Zwar dürfte es sich bei derartigen Maßnahmen im Einzelfall um eine sog. Modernisierungsmaßnahme gemäß §§ 555 b ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) handeln, die ein Mieter – notfalls aufgrund gerichtlichen Zwangs – zu dulden hat. Jedoch ist damit auch ein äußerst formalistisches Zustimmungsverfahren verbunden, dessen Nichtbeachtung die Verzögerung der Zustimmung und damit auch der Bauausführung zur Folge hat.
Zudem stellt sich für den Vermieter die Frage nach der Möglichkeit einer Amortisierung der von ihm aufgewandten Modernisierungskosten. Während dem Vermieter von Wohnraum im Einzelfall ein formelles Mieterhöhungsverfahren gemäß §§ 559 ff. BGB zusteht, sind Vermieter von Gewerberaum auf die im Mietvertrag enthaltenen Vertragsabreden verwiesen, die eine solche Möglichkeit nur im Einzelfall vorsehen.
Weiter stellt sich aber nicht nur die Frage nach den Rechten des Vermieters, sondern auch nach den ihn im Rahmen der Errichtung einer Photovoltaikanlage treffenden Pflichten. In Betracht kommt hierbei insbesondere die dem Mieter kraft Gesetzes zustehende verschuldensunabhängige Minderung für den Fall, dass es im Rahmen der Bauausführung zu einer Beeinträchtigung der Nutzbarkeit der Mietsache – etwa durch Lärm, Staub oder Zugangsbeeinträchtigungen – kommt. Darüber hinaus wird der Vermieter im Einzelfall auch mit Schadensersatzansprüchen konfrontiert, die durch ein Verschulden der von ihm beauftragten Subunternehmer verursacht worden sind, da sich der Vermieter ein solches im Verhältnis zu seinen Mietern zurechnen lassen muss. Auch wenn der Vermieter in einem solchen Fall ggf. Regressansprüche gegen das ausführende Bauunternehmen hat, ist er gegenüber seinem Mieter erst einmal leistungsverpflichtet und trägt somit das Insolvenzrisiko. Dies kann insbesondere bei gewerblich tätigen Mietern im Falle eines Gewinnausfalls ein hohes wirtschaftliches Risiko darstellen.
Ist ein Vermieter vor diesem Hintergrund daher von der eingangs benannten Solardachpflicht betroffen oder möchte er unabhängig davon eine Modernisierungsmaßnahme an seinem Mietobjekt durchführen, ist er gut beraten, zuerst bestehende Vertragswerke und insbesondere auch die Möglichkeiten der Gestaltung einvernehmlicher vertraglicher Abreden mit seinen Mietern prüfen zu lassen.
Die obigen Ausführungen sind allgemein gehalten und können Besonderheiten des Einzelfalls nicht berücksichtigen. Bei tatsächlicher Betroffenheit sind auf jeden Fall eine individuelle Analyse und Beratung erforderlich. Gerne stehen die Ihnen bekannten Ansprechpartner unserer Kanzlei hierfür zur Verfügung.
Nachfolgende Ansprechpartner haben sich mit vorstehendem Thema besonders beschäftigt:
Ihre Ansprechpartner
Ingmar Niederkleine | Partner, Rechtsanwalt
Dr. Benjamin Riedel | Partner, Rechtsanwalt
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Solardachpflicht für Gewerbe- und Industriegebäude – auf was Vermieter künftig achten müssen