Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser,
Willkommen zu der elften Ausgabe unseres Newsletters, der Sie über aktuelle Themen und relevante Entwicklungen im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und des IT-Rechts in-formiert. In der aktuellen Ausgabe unseres Newsletters informieren wir Sie über Entscheidungen aus dem Wettbewerbs- und IT-Recht: In letzter Zeit sind in diesen Bereichen Entscheidungen ergangen, die insbesondere im Bereich des Online-Marketings relevant werden. Hier gibt es für Unternehmen einige rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten, die wir für Sie kurz und gezielt zusammenfassen, damit Sie die rechtliche Entwicklung stets im Blick haben.
EuGH zum Widerrufsrecht bei Probe-Abonnements
Der EuGH hat sich mit Urteil vom 05. Oktober 2023 (Az. C-565/22) zum Recht der Verbraucher auf Widerruf bei einem Online-Abonnement geäußert, das nach einer kostenlosen Testphase automatisch in ein kostenpflichtiges Abo übergeht. Der EuGH entschied, dass Verbrauchern hier nur einmalig ein Widerrufsrecht während des kostenlosen Testzeitraums zusteht. Durch die Umwandlung in ein kostenpflichtiges Abonnement erhalten Verbraucher kein erneutes Widerrufsrecht, da das Produkt durch die Verbraucher während der Testphase bereits geprüft werden konnte.
EuGH zur Werbung mit Energieeffizienzklassen
In einem weiteren Beschluss vom 05. Oktober 2023 (Az. C-761/22) bezog der EuGH Stellung zu der Werbung mit Energieeffizienzklassen für Elektrogeräte. Der EuGH entschied, dass bei der Angabe einer Energieeffizienzklasse auf einem Produkt immer auch gut lesbar auf das gesamte Spektrum der Effizienzklassen hingewiesen werden muss, damit der Verbraucher die Information einordnen kann.
Neues zum Digital Services Act
Das Gesetz für digitale Dienste bzw. der Digital Services Act („DSA“) ist im November 2022 in Kraft getreten und ergänzt die E-Commerce-Richtlinie. Durch den DSA wurden einheitliche Regelungen zu Sorgfalts- und Informationspflichten für große Digitalkonzerne festgelegt, die zu mehr Transparenz von Online-Plattformen beitragen sollen. Die meisten Pflichten sollen nach dem DSA „sehr große Online-Plattformen“ treffen, darunter laut der EU-Kartellbehörde auch Amazon. Dies wurde nun allerdings durch den einstweiligen Verfügungsbeschluss des EuG vom 27. September 2023 (Az. T-367/23) revidiert: Amazon stelle keine sehr große Online-Plattform dar und habe somit bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung der Frage die damit einhergehenden Pflichten vorerst nicht einzuhalten.
Löschung des Webseiten-Caches zur Erfüllung des Unterlassungstitels
Sofern ein außergerichtlicher oder gerichtlicher Unterlassungstitel das Verbot enthält, eine bestimmte Werbe-Aussage auf einer Website zu tätigen, muss dieser Unterlassungspflicht nachgekommen werden, um keine Vertragsstrafe oder Ordnungsmittel zu riskieren. Dafür genügt es in der Regel nicht, die Aussage von der Website zu löschen, wenn diese weiterhin im Cache der betreffenden Webseite zu finden ist. Dies gilt auch, wenn der Webseiten-Cache aus reiner Unwissenheit nicht gelöscht wurde. Dies entschied das OLG München mit Beschluss vom 26. April 2023 (Az. 29 W 1697/21). Das Urteil wurde durch Sonntag & Partner vor dem OLG München erstritten und hat in der juristischen Fachliteratur bereits bedeutend Anklang gefunden.
Irreführende Werbeangaben
Vor dem LG Berlin erging mit dem Urteil vom 10. Oktober 2023 (Az. 102 O 15/23) erneut eine Entscheidung zu der Werbung mit Klimaneutralität. In dem Fall warb das Unternehmen mit den Aussagen „Das erste globale klimaneutrale Kochbox-Unternehmen“ und „Wir kompensieren 100% unserer direkten CO2-Emmissionen“. Diese Werbung wurde allerdings als irreführend und damit wettbewerbswidrig eingestuft, da durch die vorgenommenen Kompensationsmaßnahmen des Unternehmens – der Erwerb von Zertifikaten eines Waldschutzprojekts – die behauptete Klimaneutralität nicht erreicht werden kann.
Die Werbung mit dem Begriff „Innovation“ kann irreführend sein, wenn dadurch bei Verbrauchern der falsche Eindruck erweckt wird, dass ein Produkt eine bestimmte positive, produktverbessernde Neuerung mit sich bringt. Dies entschied das OLG Hamburg mit Urteil vom 07. September 2023 (Az. 15 U 113/22).
Gemäß des Urteils des LG Berlin vom 25. Juli 2023 (Az. 102 O 121/22) ist auch die Werbung mit dem Begriff „unsichtbar“ für ein Hörgerät irreführend, da das Produkt auch bei einer vollständigen Einführung in den Gehörgang von außen sichtbar ist, gleichwohl das Gerät weitestgehend unauffällig ist.
Auch die Aussage „Abnehmen im Liegen“ für Ultraschallgeräte wurde durch das LG Berlin mit Urteil vom 18. Juli 2023 (Az. 102 O 129/22) als irreführend eingestuft. Denn durch die spezielle Anwendung der Geräte kann nachgewiesen lediglich eine Verringerung des Körperumfangs erreicht werden. Für eine messbare Gewichtsreduktion bestehen dagegen keine Anhaltspunkte.
Weitere Wettbewerbsverstöße im Online-Handel
Das LG Heilbronn entschied mit Urteil vom 23. Februar 2023 (Az. 21 O 57/22), dass es einen Wettbewerbsverstoß darstellt, wenn der Grundpreis in einem Online-Shop nicht angegeben wird, auch wenn dieser durch die Verbraucher selbst leicht errechnet werden kann.
Es stellt laut Urteil des LG Freiburg vom 16. September 2023 (Az. 12 O 57/22) darüber hinaus einen Wettbewerbsverstoß dar, wenn ein kostenpflichtiger Express-Versand als Standardversandoption in einem Online-Shop eingestellt ist, der durch den Kunden aktiv im Sinne eines Opt-Out-Verfahrens abgewählt werden muss.
Handlungsempfehlungen
Wir empfehlen Ihnen, sich mit den einschlägigen Entwicklungen zu befassen und zu prüfen, ob und inwieweit diese für Ihren Werbeauftritt relevant sein könnten. Um nachteilige Rechtsfolgen wie Bußgelder, Abmahnungen, Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche zu vermeiden, sollten die einschlägigen Änderungen – sofern nicht bereits geschehen – so schnell wie möglich umgesetzt werden. Gerne unterstützen wir Sie bei der Bewertung der Rechtskonformität Ihres Unternehmensauftritts und beraten Sie hinsichtlich gegebenenfalls notwendiger Anpassungen. Die Ansprechpartner unserer Kanzlei stehen Ihnen hierfür gerne zur Verfügung.
Ihre Ansprechpartner
Julian N. Modi | Partner, Rechtsanwalt
Dr. Birgit Müller | Senior Managerin, Rechtsanwältin
Robin Fiedler | Rechtsanwalt
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Abschließende Hinweise
Dieser Newsletter stellt keine individuelle Rechtsberatung dar und verfolgt ausschließlich den Zweck, über ausgewählte Themen zu informieren. Die zur Verfügung gestellten Informationen sind unverbindlich und nicht Gegenstand eines anwaltlichen Beratungsvertrages.
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