Im April diesen Jahres hatten wir Sie darüber informiert, dass eine Nachricht per WhatsApp im Vergaberecht eine ordnungsgemäße Rüge darstellen kann. Die im Baurecht übliche Mängelrüge nach VOB/B, die bewirkt, dass der Beseitigungsanspruch für den gerügten Mangel frühestens zwei Jahre nach der Rüge verjährt, ist laut dem kürzlich veröffentlichten Urteil des Oberlandesgericht Frankfurt a. M. vom 21.12.2023 jedoch nicht per WhatsApp möglich.
Hintergrund der Entscheidung war die Beauftragung von Dachdeckerarbeiten durch die Klägerin, basierend auf der VOB/B. Nach Abnahme der Arbeiten, schrieb die Klägerin dem Beklagten vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist per WhatsApp:
„Das Dach im Bürogebäude leckt immer noch […] bitte schau dir das nochmal an“.
Der Beklagte antwortete: „OK“.
Erst knapp drei Jahre nach Ablauf der Verjährungsfrist leitete die Klägerin ein selbstständiges Beweisverfahren ein und verlangte einen Kostenvorschuss zur Beseitigung des Mangels. Der Beklagte berief sich auf Verjährung.
Zu Recht! Denn eine Mängelrüge per WhatsApp bewirkt nicht die Rechtsfolge des § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B, durch die der Anspruch auf Beseitigung des gerügten Mangels frühestens zwei Jahre nach Zugang der Rüge verjährt. Das Gericht begründete dies damit, dass eine WhatsApp-Nachricht nicht die in § 13 VOB/B geforderte Schriftform erfüllt, da die Warnfunktion einer formell eindeutigen Erklärung des Auftraggebers, die dauerhaft archiviert werden kann, nicht gegeben ist. Zu empfehlen ist daher stets eine schriftliche Mängelrüge mit Zugangsnachweis.
Eine Verjährungshemmung nach den allgemeinen Regelungen (§§ 203 ff. BGB) ist hingegen grundsätzlich auch über WhatsApp möglich. Denn Verhandlungen zwischen den Parteien, z.B. über WhatsApp oder sonstige Messenger-Dienste, können die Verjährung ebenfalls hemmen. Die Hemmung erfolgt dann jedoch nur für die Dauer dieser Verhandlungen, die – wie im vorliegenden Fall – oftmals nur sehr kurz sein kann.
Letztendlich maßgeblich sind – wie so oft – die konkreten Umstände des Einzelfalls. So ist die Rechtsprechung beispielsweise bei Mängelrügen per E-Mail weitaus kulanter. Es empfiehlt sich daher stets eine individuelle und einzelfallbezogene Analyse und rechtliche Beratung. Hierfür stehen die Ihnen bekannten Ansprechpartner unserer Kanzlei gerne zur Verfügung.
Quelle:
Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 21.12.2023 – Az.: 15 U 211/21, NJW 2024, 1425
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