Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser,
willkommen zu der ersten Ausgabe unseres Newsletters, der Sie von nun an halbjährlich über aktuelle Themen und relevante Entwicklungen im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und des IT-Rechts informiert. In diesen Bereichen haben sich in letzter Zeit sowohl durch die Gesetzgebung als auch durch die Rechtsprechung bedeutende Änderungen ergeben. Mit unserem Newsletter werden wir für Sie künftig wichtige Entscheidungen und praxisrelevante Gesetzesneuerungen im IP- und IT-Recht kurz und gezielt zusammenfassen, damit Sie die rechtliche Entwicklung hier stets im Blick haben.
Neuerungen durch die Omnibus-Richtlinie
Am 28. Mai 2022 sind einige gesetzliche Änderungen in Kraft getreten, die vor allem für Betreiber von Online-Shops und Online-Marktplätzen relevant sind. Durch ein umfassendes Gesetzespaket, das nun auf Grundlage der sogenannten „Omnibus-Richtlinie“ verabschiedet wurde, soll das Verbraucherrecht umfassend modernisiert werden. Auf folgende Änderungen möchten wir in diesem Zusammenhang besonders hinweisen:
Informations- und Hinweispflichten für Unternehmer
Mit den Änderungen sind für viele Unternehmen neue und erweiterte Informations- und Hinweispflichten. In erster Linie soll für Verbraucher mehr Transparenz geschaffen werden. Unternehmer sind daher von nun an verpflichtet, Informationen über angezeigte Rankings und Verbraucherbewertungen bereitzustellen.
In diesem Sinne erging bereits am 09. Juni 2022 ein Urteil des OLG Frankfurt am Main (Az. 6 U 232/21): Wenn in das Bewertungsergebnis eines Produktes auf einer Verkaufsplattform bezahlte Bewertungen eingeflossen sind, muss darauf deutlich hingewiesen
Vorsicht bei der Werbung mit Preisrabatten
Auch bei der Werbung mit Preisrabatten bestehen ab sofort Informationspflichten. Um zu verhindern, dass irreführend mit vermeintlichen Rabatten geworben wird, nachdem zuvor die Preise angehoben wurden, wurde nun eine „30-Tage-Regel“ eingeführt. Bei einer Werbung mit Preisermäßigungen muss der niedrigste Gesamtpreis der vergangenen dreißig Tage vor der Rabatt-Aktion angegeben werden.
Ebenso ist eine Werbung mit Rabattaktionen unzulässig, wenn im Anschluss an die befristete Rabattaktion ein vergleichbarer Rabatt angeboten wird. Dies entschied das OLG Köln am 03. Dezember 2021 (Az. 6 U 62/21).
Als irreführend stufte unlängst am 28. Juni 2022 das OLG Frankfurt am Main auch eine Werbung mit einer Preisreduzierung gegenüber einer unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) ein, wenn die UVP durch den Werbenden zuvor eigens festgelegt wurde. Bei einer Werbung mit einer UVP erwarte der Verkehr, dass der Preis von einem Dritten als Richtpreis empfohlen wurde.
Neue Regelungen für die Grundpreisangabe
Auch hinsichtlich der Grundpreisangabe gelten neue Regelungen. Die Preisangabenverordnung (PAngV) sieht nun vor, dass der Grundpreis eines Produkts oder einer Dienstleistung unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar angegeben werden muss. Die klare Erkennbarkeit ist nach einem Urteil des BGH vom 19. Mai 2022 (Az. I ZR 69/21) dann anzunehmen, wenn der Grundpreis so platziert wird, dass er mit dem Gesamtpreis der Ware auf einen Blick wahrgenommen werden kann.
Rechtsprechung zur Gestaltung von Webshops
In der letzten Zeit sind einige Entscheidungen ergangen, die bei der rechtssicheren Gestaltung eines Webshops zu beachten sind.
So hat beispielsweise das OLG Frankfurt am Main mit Urteil vom 21. Juni 2022 (Az. 9 U 92/20) festgestellt, dass es diskriminierend sei, wenn zur Nutzung von Angeboten eines Unternehmens eine Anrede als „Herr“ oder „Frau“ angegeben werden muss. Diese Pflichtangabe stellt nach Ansicht des Gerichts eine Verletzung nicht-binärer Geschlechtsidentität dar und begründet einen Schadensersatzanspruch. Obwohl es sich im konkreten Fall um ein Online-Buchungssystem handelte, könnte die Rechtsprechung für viele Web-Auftritte relevant werden. Es empfiehlt sich daher, einige Prozesse entsprechend anzupassen, beispielsweise im Rahmen von Newsletter-Anmeldungen oder Bestellformularen.
Eine weitere beachtenswerte Entscheidung für Online-Shops erging am 07. April 2022 durch den EuGH (Rs. C-249/21). Der Bestellbutton, der in einem Online-Bestellprozess zum Abschluss einer Zahlung führt, muss so konkret und deutlich formuliert sein, dass Verbraucher eindeutig verstehen, dass sie eine Zahlungsverpflichtung eingehen. Die Schaltfläche „Buchung abschließen“ ist nach Ansicht des Gerichtshofs nicht hinreichend verständlich. Bei der Gestaltung des Bestellprozesses und der Zahlungs-Schaltfläche sollten daher Formulierungen wie „zahlungspflichtig bestellen“ verwendet werden.
Verbrauchern soll außerdem die Kündigung von dauerhaften Verträgen erleichtert werden. Ab dem 01. Juli 2022 ist daher die Einführung eines „Kündigungs-Buttons“ verpflichtend geworden. Die Schaltfläche sollte auf der Webseite ständig verfügbar, unmittelbar erreichbar und leicht zugänglich sein. Andernfalls kann der Vertrag durch den Verbraucher ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden.
Rechtsprechung zur E-Mail-Werbung
Werbung per E-Mail bedarf grundsätzlich der vorherigen Einwilligung des Empfängers. Oftmals sind die Grenzen zwischen dem sachlichen und dem werblichen Charakter einer E-Mail allerdings fließend.
Mit der Frage, wann eine E-Mail-Signatur als Werbung zu qualifizieren ist, hat sich das KG Berlin in dem Urteil vom 02. Juli 2021 (Az. 5 U 35/20) beschäftigt. Nach Ansicht des Gerichts ist ein zweizeiliger E-Mail Footer am Ende einer ansonsten rechtmäßigen E-Mail bereits als rechtswidriger Spam zu qualifizieren.
Wettbewerbsrecht
Die Werbung mit Gütesiegeln schafft bei Verbrauchern großes Vertrauen und beeinflusst oftmals die Kaufentscheidung.
Die Verwendung eines selbst gefertigten Gütesiegels im Rahmen einer Internetpräsenz wurde durch das OLG München mit Urteil vom 26. März 2021 (Az. 37 O 7730/20) als irreführend eingeordnet, wenn der Anschein eines offiziellen Gütesiegels erweckt wird.
Handlungsempfehlungen
Wir empfehlen Ihnen, sich mit den einschlägigen Neuerungen zu befassen und zu prüfen, ob und inwieweit diese für Ihren Internetauftritt relevant sein könnten. Um nachteilige Rechtsfolgen wie Bußgelder, Abmahnungen, Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche zu vermeiden, sollten die einschlägigen Änderungen – sofern nicht bereits geschehen – so schnell wie möglich umgesetzt werden. Gerne unterstützen wir Sie bei der Bewertung der Rechtskonformität Ihrer Internetpräsenz und beraten Sie hinsichtlich gegebenenfalls notwendiger Anpassungen. Die Ansprechpartner unserer Kanzlei stehen Ihnen hierfür gerne zur Verfügung.
Ihre Ansprechpartner
Julian N. Modi | Senior Manager, Rechtsanwalt
Dr. Birgit Müller | Senior Managerin, Rechtsanwältin
Robin Fiedler | Rechtsanwalt
Die Sonderinformation als PDF-Datei finden Sie im Nachgang verlinkt
Aktuelle und relevante Entwicklungen im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und des IT-Rechts