Sonderinformation von Martha Klink, Sonntag & Partner
Ansicht der Finanzverwaltung und bisherige Auffassung der Rechtsprechung
Eine Rechnung muss für Zwecke des Vorsteuerabzugs die Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG erfüllen. Wird nachträglich – insbesondere im Rahmen von Betriebsprüfungen – festgestellt, dass die notwendigen Angaben unrichtig oder unvollständig waren, wird der Vorsteuerabzug rückwirkend versagt. Dies führte bisher, neben der Rückzahlung der Vorsteuerbeträge, ggf. zu einer Verzinsung nach § 233a AO i. H. v. 6 % pro Jahr. Eine nachträgliche Korrektur bzw. Ergänzung der Rechnungen ist zwar möglich, jedoch kommt dieser nach Ansicht der Finanzverwaltung und der nationalen Rechtsprechung keine Rückwirkung zu. Damit konnte der Vorsteuerabzug zwar wieder geltend gemacht werden, mangels Rückwirkung jedoch erst im Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung. Die Zinsbelastung blieb damit bestehen.
Entscheidung des EuGH vom 15.09.2016 (C-518/14 – Senatex)
Der EuGH hat auf eine Vorlage des BFH hin entscheiden, dass einer Rechnungskorrektur grundsätzlich eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsstellung zukommt. Dabei hat der EuGH insbesondere die Bedeutung des Neutralitätsgrundsatzes für das gesamte Mehrwertsteuerrecht betont. Diesem stünde auch eine steuerliche Belastung – wie vorliegend – mit Nachzahlungszinsen entgegen.
Zudem sei der Vorsteuerabzug zu gewähren, sofern die notwendigen materiellen Voraussetzungen entsprechend vorliegen. Eine Rechnung hingegen stelle „nur“ eine formelle Anforderung dar, die nicht zur Versagung des Vorsteuerabzugs führen könne, sofern sie fehlerhaft sei. Nicht ausgeschlossen hat der EuGH hingegen die Möglichkeit von Sanktionen bei Verstoß gegen formelle Rechnungsanforderungen (zum Beispiel Bußgeld).
Jedoch hat der EuGH keine Aussage dahingehend getroffen, ob und ggf. welche Mindestanforderungen an eine Rechnung zu stellen sind, damit diese einer Korrektur (in Abgrenzung zur erstmaligen Rechnungsstellung) zugänglich sein kann. Ebenfalls offen gelassen hat der EuGH die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt eine Rechnungskorrektur erfolgen müsse.
Praxisauswirkungen
Das Urteil des EuGH stellt eine äußerst positive Entwicklung im Bereich der zunehmend formalistischen Anforderungen dar, die an Unternehmer im Bereich des Umsatzsteuerrechts gestellt werden.
Beispielsweise im Rahmen von laufenden Außenprüfungen ist eine Berufung auf das Urteil ohne weiteres möglich, sofern seitens der Finanzverwaltung Eingangsrechnungen als formell fehlerhaft qualifiziert werden. In jedem Fall muss jedoch nach wie vor (schnellstmöglich) eine Korrektur der beanstandeten Rechnung erfolgen. Ebenfalls sollte geprüft werden, inwieweit bereits entrichtete Nachzahlungszinsen nach § 233a AO nachträglich zurückgefordert werden können.
Weder die (nationale) Rechtsprechung noch die Finanzverwaltung werden sich der eindeutigen Vorgabe des EuGH entziehen können. Weitere Einzelheiten – insbesondere die Frage der Mindestanforderungen an eine Rechnung und einer zeitlichen Grenze für die Korrektur – werden hingegen noch geklärt werden müssen.
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Martha Klink, Rechtsanwältin, Steuerberaterin
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