Sonderinformation | Keine umsatzsteuerliche Haftung für erworbene Mietverträge

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Mietverträge können, sofern sie alle nötigen Rechnungsangaben nach § 14 Abs. 4 UStG enthalten, als Rechnungen nach § 14 Abs. 1 UStG angesehen werden, woraus wiederum unrichtige Steuerausweise nach § 14c Abs. 1 S. 1 UStG resultieren können. Der BFH hat mit Urteil vom 05. Dezember 2024 (Az. V R 16/22) entschieden, dass ein vom Voreigentümer veranlasster unrichtiger Steuerausweis dem Grundstückserwerber oder -ersteher nicht nach § 566 Abs. 1 BGB zugerechnet werden kann.

1. Unrichtiger Steuerausweis nach § 14c UStG

§ 14c Abs. 1 Satz 1 UStG bestimmt, dass Unternehmer, die in einer Rechnung für eine Leistung einen höheren Steuerbetrag ausgewiesen haben als sie gemäß dem Umsatzsteuergesetz für den Umsatz tatsächlich schulden, auch der Differenzbzw. Mehrbetrag an das Finanzamt zu zahlen ist. Dies wird als unrichtiger Steuerausweis bezeichnet.

Der Mehrbetrag wird aber nur geschuldet, wenn die in der Rechnung als Aussteller bezeichnete Person an der Erstellung der Rechnung mitgewirkt hat oder ihr die Ausstellung anderweitig zuzurechnen ist. Da der Grundstückserwerber den Mietvertrag nicht selbst mit entworfen hat, kann dieser bzw. die Rechnung nur zugerechnet werden. Denn die Steuerbeträge wurden vom ursprünglichen Vermieter im Mietvertrag unrichtig ausgewiesen, wobei dieser im eigenen Namen handelte. Der eintretende Vermieter hat diese also nicht selbst unrichtig ausgewiesen. Es könnte also über eine Zurechnung nach § 566 Abs. 1 BGB nachgedacht werden.

2. Zurechnung über § 566 Abs. 1 BGB

Der BFH hat aber entschieden dass es nicht möglich ist, dass der durch den Vorvermieter verursachte unrichtige Steuerausweis dem eintretenden Vermieter nach § 566 Abs. 1 BGB zugerechnet werden kann. Denn § 566 Abs. 1 BGB dient lediglich dem Schutz der Mieter. Diese Norm durchbricht dafür den schuldrechtlichen Grundsatz, wonach Rechte und Pflichten nur zwischen den am Schuldverhältnis beteiligten Parteien entstehen.

Im Falle der Veräußerung des Grundstücks gehen neben dem Übergang des Eigentums am vermieteten Grundstück auch die Vermieterrechte und -pflichten auf den Erwerber über. Vor diesem Hintergrund ist § 566 Abs. 1 BGB eng auszulegen und nur anzuwenden, soweit dies der Mieterschutz erfordert. Es kommt deshalb nicht in Betracht § 566 Abs. 1 BGB als Zurechnungsnorm für einen unrichtigen Steuerausweis zu verstehen. Gerade auch weil eine Steuerschuldentstehung nach § 14c Abs. 1 S. 1 UStG nicht dem Mieterschutz dient und ein unrichtiger Steuerausweis nicht den Vermieterrechten und -pflichten zugeordnet werden kann, auf deren Übergang § 566 Abs. 1 BGB gerichtet ist.

3. Zurechnung nach § 1 Abs. 1a UStG

Nach Ansicht des BFH kommt auch eine Zurechnung des fehlerhaften Steuerausweises auf den Erwerber über die Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG nicht in Betracht. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Dabei tritt der erwerbende Unternehmer an die Stelle des Veräußerers.

Diese umsatzsteuerliche Begünstigung bezieht sich nach Ansicht des BFH lediglich auf den Übertragungsgegenstand, vorliegend den vermieteten Grundbesitz. Nicht erfasst von dieser umsatzsteuerlichen Einzelrechtsnachfolge ist demgegenüber der falsche Steuerausweis in den Mietverträgen. Eine Zurechnung dieses über § 1 Abs. 1a UStG scheidet mithin aus.

4. Fazit

Es ist daher zu empfehlen, Mietverträge bzw. diesbezügliche Dauerrechnungen nach einem Grundstückserwerb anzupassen, da ansonsten nicht sichergestellt werden kann, dass diese dem Grundstückserwerber als Aussteller zugerechnet werden können, was zu einem entsprechenden Vorsteuerschaden bei den steuerpflichtig anmietenden Mietern führen kann.

Für Fragen im konkreten Einzelfall empfiehlt sich eine individuelle und einzelfallbezogene Analyse und rechtliche Beratung. Die Ihnen bekannten Ansprechpartner unserer Kanzlei stehen Ihnen hierfür gerne zur Verfügung.

Ihre Ansprechpartner 

Dr. Benjamin Riedel | Partner, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Ingmar Niederkleine | Partner, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Charlotte Geiger | Partnerin, Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin

Peter Senski | Senior Manager, Rechtsanwalt

Marco Meynhardt | Senior Manager, Rechtsanwalt

Eileen Danner | Senior Managerin, Rechtsanwaltin, Steuerberaterin

Martin Henrich | Rechtsanwalt

Dr. Cathrin von Hesler | Rechtsanwältin

Die Sonderinformation als PDF-Datei finden Sie hier.

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