Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser,
willkommen zu der 14. Ausgabe unseres Newsletters, der Sie über aktuelle Themen und relevante Entwicklungen im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und des IT-Rechts informiert. In der aktuellen Ausgabe unseres Newsletters informieren wir Sie über Entscheidungen aus dem Wettbewerbsrecht und IT-Recht. Hierbei haben wir den Fokus auf den Bereich des Online-Marketings gelegt. So stellen wir Ihnen kurz und gezielt einige wichtige rechtliche Rahmenbedingungen vor, die Sie stets im Blick behalten sollten.
Beseitigungspflichten für Amazon bei kerngleichen rechtsverletzenden Angeboten
Das OLG Frankfurt am Main hat sich im Urteil vom 21. Dezember 2023 (Az. 6 U 154/22) mit den Prüf- und Beseitigungspflichten von Marktplatzbetreibern (in diesem Fall: Amazon) beschäftigt. Sobald Betreiber von einem Wettbewerbsverstoß eines Marketplace-Verkäufers Kenntnis erlangen, sind sie nicht lediglich verpflichtet, das konkrete rechtsverletzende Angebot zu entfernen. Vielmehr müssen auch kerngleiche Angebote unterbunden werden, andernfalls haftet die Plattform selbst auf Unterlassung. In dem Fall ging es um die Verwendung von falschen Begriffen für Milchersatzprodukte („Sojamilch“ statt „Sojadrink“). Allgemeine Bedeutung erlangt der Fall dadurch, dass es hinsichtlich vieler Produkte oftmals vorkommt, dass von Marketplace-Händlern bewusst rechtswidrige Begriffe für die Bewerbung von Produkten verwendet werden, weil diese attraktiver erscheinen oder eine höhere Klickzahl generieren.
Angabe von wesentlichen Warenmerkmalen im Online-Handel
Nach § 312j Abs. 2 BGB sind Online-Händler verpflichtet, die wesentlichen Warenmerkmalen anzugeben. Das LG Berlin urteilte am 07. November 2023 (Az. 91 O 69/23), dass bei T-Shirts das Stoffmaterial als wesentliches Warenmerkmal gilt. Es muss daher beim Online-Verkauf auch noch einmal auf der finalen Checkout-Seite auf ein solches wesentliches Warenmerkmal hingewiesen werden, und nicht lediglich auf der entsprechenden Produktseite. Andernfalls liegt ein Verstoß gegen die Informationspflichten vor. Das Gericht wies außerdem darauf hin, dass eine bloße Verlinkung auf die Produktdetailseite nicht ausreichend sei – die Information müsse dem Verbraucher unmittelbar zur Verfügung stehen.
Kontaktaufnahme nach Kündigung zum Zwecke der Rückwerbung wettbewerbswidrig
Darf ein Anbieter einen Kunden nach erfolgter Kündigung kontaktieren, um diese unter Umständen zurückzuwerben? Mit dieser Frage beschäftigte sich das OLG Schleswig in seinem Urteil vom 11. Dezember 2023 (Az. 6 U 25/23). In dem Fall bat das Unternehmen den Kunden, der gekündigt hatte, um Rückruf unter dem Vorwand, dass zur Vertragsbeendigung noch ausstehende Fragen bestünden. Dies sah das Oberlandesgericht als unzumutbare Belästigung in Form von unerwünschter Werbung an, die zu unterlassen sei.
Unterlassungsanspruch gegen Verkauf von Fake-Hotelbewertungen
Verbraucherbewertungen sind im Online-Handel vor allem auf Urlaubsportalen oftmals eine elementare Grundlage für die Kaufentscheidung der Verbraucher. Das LG München I urteilte am 24. Juli 2023 (Az. 37 O 11887/21), dass einem Urlaubsportal ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen den Verkauf von mutmaßlichen Fake-Bewertungen von Hotel-Aufenthalten zustehe. Es ist daher unzulässig, positive Bewertungen gegen Entgelt zu veröffentlichen, die nicht auf einem tatsächlichen Aufenthalt des Bewerters basieren.
Weitere Entscheidungen aus dem Wettbewerbsrecht
Das OLG Celle entschied mit Urteil vom 19. Dezember 2023 (Az. 13 U 26/23), dass die Online-Werbung eines Augenoptikers und Hörgeräteakustikers mit der Aussage „Zentrum fürs Hören und Sehen“ wettbewerbsrechtlich zulässig ist. Insbesondere der Begriff „Zentrum“ sei nicht irreführend für Verbraucher. Der Begriff sei in dem konkreten Fall nicht als Hinweis auf eine bestimmte Unternehmensgröße oder eine herausragende Bedeutung des Unternehmens zu deuten, sondern als Information darüber, dass in einem Unternehmen zwei Teilbereiche (Augenoptik und Hörakustik) zusammengefasst werden.
Eine Wettbewerbsverletzung in Form eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung (PAngVO) sah das LG Hannover im Urteil vom 10. Juli 2023 (Az. 13 O 164/22), wenn die Nebenkosten eines Produktes nicht in den Endpreis miteinberechnet werden. Es genügt nicht, wenn der Endpreis mit einem Sternchen versehen ist, unter dem auf eventuell anfallende Nebenkosten (in diesem Fall: Bearbeitungspauschale bei einem niedrigen Warenwert) hingewiesen wird.
Sofern ein Online-Händler in einem Flyer auf seiner Website für ein konkretes Produkt wirbt, muss das beworbene Produkt zu dem angegebenen Preis auch lieferbar sein. Andernfalls liegt eine irreführende Werbung und damit eine Wettbewerbsverletzung vor. Dies entschied das LG Darmstadt mit Urteil vom 20. Oktober 2023 (Az. 22 O 6/23).
BGH zum wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutz einer Konfitüre
Wettbewerbsrechtlicher Nachahmungsschutz besteht, sofern ein Produkt wettbewerbliche Eigenart aufweist. In dem vorliegenden Fall, zu dem der BGH im Urteil vom 07. Dezember 2023 (Az. I ZR 126/22) Stellung bezogen hat, wandte sich der Hersteller der „GLÜCK“-Konfitüre gegen einen Mitbewerber, der Honig unter dem Namen „LieeBee“ vertreibt. Der Konfitürenhersteller brachte vor, dass die Verwendung eines Emotionsschlagwortes als Produktnamen eine Nachahmung darstelle. Der BGH verneinte eine Herkunftstäuschung. Die Nutzung eines emotionalen Schlagwortes wie „Glück“ oder „Liebe“ stelle lediglich eine abstrakte Idee hinter der Produktaufmachung dar. Ein Nachahmungsschutz könne lediglich durch die konkrete Produktausgestaltung entstehen. Der Fall wurde an das OLG Hamburg zur erneuten Beurteilung zurückverwiesen.
Handlungsempfehlungen
Wir empfehlen Ihnen, sich mit den einschlägigen Entwicklungen zu befassen und zu prüfen, ob und inwieweit diese für Ihren Werbeauftritt relevant sein könnten. Um nachteilige Rechtsfolgen wie Bußgelder, Abmahnungen, Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche zu vermeiden, sollten die einschlägigen Änderungen – sofern nicht bereits geschehen – so schnell wie möglich umgesetzt werden. Gerne unterstützen wir Sie bei der Bewertung der Rechtskonformität Ihres Unternehmensauftritts und beraten Sie hinsichtlich gegebenenfalls notwendiger Anpassungen. Die Ansprechpartner unserer Kanzlei stehen Ihnen hierfür gerne zur Verfügung.
Ihre Ansprechpartner
Julian N. Modi | Partner, Rechtsanwalt
Dr. Birgit Müller | Senior Managerin, Rechtsanwältin
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Abschließende Hinweise
Dieser Newsletter stellt keine individuelle Rechtsberatung dar und verfolgt ausschließlich den Zweck, über ausgewählte Themen zu informieren. Die zur Verfügung gestellten Informationen sind unverbindlich und nicht Gegenstand eines anwaltlichen Beratungsvertrages.
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