In Krisenzeiten stehen Geschäftsleiter von Unternehmen vor einer Vielzahl von Herausforderungen. Haftungsfragen und die Notwendigkeit eines gut durchdachten Krisenmanagements rücken dann in den Vordergrund.
Dieser Beitrag beleuchtet grundlegende Aspekte der Geschäftsleiterhaftung sowie Präventionsmaßnahmen und Sanierungsoptionen, die eine Orientierungshilfe in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten bieten können. Neben den insolvenzrechtlichen Aspekten sind insbesondere auch die steuerrechtlichen Regelungen zu beachten.
Geschäftsleiter haben - um mit den auf geschlechterneutrale Formulierungen noch keine Rücksicht nehmenden Begrifflichkeiten des GmbH-Gesetzes von 1898 zu sprechen - „in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ anzuwenden. Dieser am Unternehmenswohl ausgerichtete Maßstab legt in gesetzestypisch abstrakter Weise fest, was die Geschäftsleitung zu tun und zu unterlassen hat.
Wird dieser Handlungsmaßstab nicht beachtet, liegt eine Pflichtverletzung vor. Diese kann, wenn noch drei weitere Voraussetzungen hinzukommen (Verschulden, tatsächlicher Schadenseintritt und eine Ursächlichkeit zwischen Pflichtverletzung und eingetretenem Schaden), zu einer persönlichen Haftung mit dem gesamten Privatvermögen des Geschäftsleiters führen (sog. „Organhaftung“)
Befindet sich das Unternehmen in der Krise, werden solche Haftungsgefahren besonders virulent. Hier drohen spezifische Haftungstatbestände, wie die Haftung für einen Insolvenzverschleppungsschaden, die Haftung für nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge bis hin zu einer generellen Ersatzpflicht für alle geleisteten Zahlungen des Unternehmens nach Eintritt der Insolvenzreife.
Was ist nun die Insolvenzreife? Die Antwort hierauf gibt die Insolvenzordnung: Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) und Überschuldung (§ 19 InsO).
Zahlungsunfähigkeit liegt grundsätzlich vor, wenn das Unternehmen nicht in der Lage ist, binnen drei Wochen mindestens 90 % aller fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Wichtig zu wissen: der Fälligkeitsbegriff das Insolvenzrechts unterscheidet sich von demjenigen des Zivilrechts. So sind an sich bestehende Forderungen, die jedoch aufgrund einer zumindest faktischen Stundung von dem jeweiligen Gläubiger „nicht ernsthaft eingefordert werden“, nicht als fällig im insolvenzrechtlichen Sinne des § 17 InsO zu betrachten.
Die insolvenzrechtliche Überschuldung besteht aus zwei Komponenten: der bilanziellen Überschuldung einerseits (nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag) und dem Nichtvorliegen einer positiven Fortbestehensprognose über eine Prognosehorizont von zwölf Monaten andererseits.
Drohende Zahlungsunfähigkeit ist schlussendlich gegeben, wenn das Unternehmen voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Verbindlichkeiten binnen eines Prognosezeitraums von regelmäßig 24 Monaten zu erfüllen.
Wichtig: Nur die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung sind zwingende Insolvenzgründe, die eine auch strafbewehrte Insolvenzantragspflicht auslösen. Für den Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit gilt dies nicht. Hierbei handelt es sich um ein freiwilliges Insolvenzantragsrecht, aber nicht um eine Antragspflicht.
Eine frühzeitige Krisenerkennung kann Haftungsrisiken erheblich mindern. Wesentlicher Bestandteil jeder Präventionsstrategie ist dabei eine kontinuierliche und längerfristige Liquiditätsplanung – die im Übrigen seit 01.01.2021 ohnehin in Form einer sog. „Solvenzüberwachungspflicht“ nach § 1 Abs. 1 des StaRUG („Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz“) spezialgesetzlich vorgeschrieben ist.
Sobald in der Liquiditätsplanung Liquiditätsengpässe erkennbar werden, muss zudem ein Liquididätsstatus bezogen auf den für die Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit maßgeblichen 3-Wochen-Horizont erstellt werden. Hierbei ist die Summe der zum Ermittlungsstichtag vorhandenen liquiden Mittel (sog. Aktiva I) und den binnen drei Wochen in liquide Mittel umwandelbaren Vermögenswerten (insbesondere Forderungseinzug, sog. Aktiva II) ins Verhältnis zu setzen zur Summe aus den am Ermittlungsstichtag fälligen Verbindlichkeiten (sog. Passiva I) und denjenigen Verbindlichkeiten, die binnen der kommenden drei Wochen fällig werden
(sog. Passiva II).
Befindet sich das Unternehmen im Stadium einer nur drohenden Zahlungsunfähigkeit und liegt keine Überschuldung vor, kann eine finanzwirtschaftliche Sanierung über einen sog. Restrukturierungsplan nach StaRUG angestrebt werden. Bekannte Fälle aus der Vergangenheit sind hier z.B. Varta oder Leoni.
Dieser Plan enthält Regelungen zu Forderungsverzichten, Stundungen, Kapitalmaßnahmen und weiteren finanziellen Anpassungen, um die finanzielle Lage des Unternehmens zu stabilisieren. Der Plan kann unter bestimmten Voraussetzungen auch gegen den Willen einzelner Gläubiger umgesetzt werden. Es gibt zudem keine Pflicht, sämtliche Gläubiger an dem Planverfahren zu beteiligen.
Das Ziel eines Restrukturierungsplanes ist es, dem Unternehmen frühzeitig einen Weg aus der Krise zu ermöglichen, bevor es zu einer Insolvenz kommt. Dies hilft, Wertverluste zu vermeiden, Arbeitsplätze zu sichern und die Liquidität aufrechtzuerhalten. Es ermöglicht außerdem eine gezielte Schuldenreduktion und Neuausrichtung unter Mitwirkung der Gläubiger, ohne den Rufschaden einer Insolvenz. Die Sanierungsoptionen über das StaRUG stellen daher eine wichtige Ergänzung zur klassischen Insolvenzordnung dar und sollen speziell Unternehmen helfen, die noch nicht insolvent sind, sich aber in finanziellen Schwierigkeiten befinden.
Sollte eine außergerichtliche oder vorinsolvenzliche Sanierung nicht (mehr) möglich sein, bleibt die Option der Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. Auch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bedeutet nicht zwangsläufig das „Aus“ für das Unternehmen. Insbesondere über eine Insolvenz in Eigenverwaltung, ein Insolvenzplanverfahren oder eine sog. „übertragende Sanierung“ kann das Unternehmen auch mit dem Werkzeugkasten des gerichtlichen Insolvenzverfahrens saniert werden. Das Gesetz bietet hier durchaus durchschlagende Sanierungswaffen, namentlich vorzeitige Kündigungsmöglichkeiten für bestehende Dauerschuldverhältnisse, das Recht zur faktisch einseitigen Vertragsbeendigung, und erleichterte Kündigungsmöglichkeiten für Arbeitsverhältnisse.
Steuerliche Aspekte spielen häufig eine zentrale Rolle im Sanierungsprozess. Neben der Vermeidung von Zusatzbelastung durch ungeplante Abflüsse von Steuerzahlungen sollten auch die steuerlichen Haftungsnormen insbesondere für Geschäftsführer und in Organschaftsfällen beachtet werden.
Analog dem Schuldenerlass ist auch bei der Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital in Hinblick auf unerwartete Steuereffekte Vorsicht geboten. Dies gilt entsprechend hinsichtlich der richtigen Formulierung und Ausgestaltung von Abtretungs-, Aufrechnungs-, Rangrücktritts-, Patronats- und Stundungsvereinbarungen.
Weiterhin gilt es auch in Sanierungssituation bestehende Sperr- und Nachbehaltefristen, u.a. in Hinblick auf die Einhaltung von Lohnsummen (sog. Sanierungsklausel § 8c Abs. 1a KStG sowie im Kontext der Unternehmensnachfolge) zu achten. Anderweitig droht eine (rückwirkende) Versteuerung von stillen Reserven oder aber die Nachversteuerung im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer.
Die obigen Erläuterungen sind allgemein gehalten und berücksichtigen keine individuellen Besonderheiten. Bei konkreten Anliegen ist stets eine individuelle Analyse und Beratung notwendig. Die Experten der Kanzlei SONNTAG stehen Ihnen hierfür gerne zur Verfügung.
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