„Während der Probezeit kann stets ohne Kündigungsgründe und ohne Abfindung gekündigt werden“ – so die verbreitete Annahme. Doch ganz ohne rechtliche Fallstricke ist auch die Trennungssituation in den ersten sechs Monaten eines Arbeitsverhältnisses nicht. Dabei können auch Fehler bei der Probezeitkündigung für den Arbeitgeber sehr teuer werden.
- Wartezeit (relevant für den Kündigungsschutz)
Bei der landläufig als Probezeitkündigung bezeichneten Kündigung handelt es sich genau genommen um eine „Wartezeitkündigung“. Als Wartezeit bezeichnet man die ersten sechs Monate ab Beginn des Arbeitsverhältnisses. Wenn die Kündigung dem Mitarbeiter noch spätestens innerhalb dieser Zeit zugeht, besteht noch kein allgemeiner Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Die Kündigung muss daher nicht die hohen Anforderungen für die gesetzlichen Kündigungsgründe (verhaltens-, personen- oder betriebsbedingt) erfüllen.
- Probezeit (relevant für die Kündigungsfrist)
Die häufig im Arbeitsvertrag vereinbarte (längstens sechsmonatige) Probezeit ist davon zu unterscheiden. Diese hat nur Auswirkung auf die Dauer der Kündigungsfrist. Ist eine Probezeit vereinbart, gilt nach § 622 Abs. 3 BGB eine verkürzte Kündigungsfrist von zwei Wochen. Achtung bei befristeten Arbeitsverhältnissen: Hier ist die Probezeit nur wirksam vereinbart, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zur Befristungsdauer und Art der Tätigkeit steht (§ 15 Abs. 3 TzBfG). Als Faustformel kann eine Probezeit vereinbart werden, die längstens 1/3 der Befristungsdauer nicht überschreitet.
- Minimalschutz auch in der Wartezeit
Auch wenn für die Kündigung in der Wartezeit keine besonderen Gründe erforderlich sind, darf die Kündigung nicht willkürlich oder sittenwidrig sein. Verboten ist hiernach etwa eine Kündigung, die gegen gesetzliche Diskriminierungsverbote (insbesondere des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes) verstößt oder eine verbotene Repressalie gegenüber einem Hinweisgeber (eng.: Whistleblower) nach dem Hinweisgeberschutzgesetz darstellt.
So hat das Arbeitsgericht Köln (Urteil vom 20. Dezember 2023, Az. 18 Ca 3954/23) kürzlich die Kündigung eines Schwerbehinderten für unwirksam erklärt, weil der Arbeitgeber in der Wartezeit kein Präventionsverfahren (§ 167 Abs. 1 SGB IX) durchgeführt hatte. Damit stellt sich das Arbeitsgericht Köln zwar gegen die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, bezieht sich jedoch auf jüngere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs. Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung bleibt damit zwar abzuwarten, im Zweifel muss Arbeitgebern derzeit aber zur erheblichen Vorsicht geraten werden.
- Betriebsratsanhörung
Besteht ein Betriebsrat, muss dieser auch vor der Kündigung in der Wartezeit zwingend angehört werden (§ 102 BetrVG). Der Arbeitgeber hat dabei die aus seiner Sicht tragenden Umstände für den Kündigungsentschluss mitzuteilen, auch wenn die Gründe nicht den hohen Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes Stand halten müssen.
Stützt der Arbeitgeber die Kündigung auf objektive Tatsachen, muss er diese mitteilen. Stützt er sich dagegen lediglich auf (subjektive) Werturteile, können diese zwar naturgemäß nicht näher belegt werden. Gleichwohl ist die Anhörung zwingend und muss die subjektive Einschätzung enthalten, die den Arbeitgeber zur Kündigung bewegt. In einem solchen Fall kann es aber ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber angibt, der Arbeitnehmer „genüge nach seiner allgemeinen, subjektiven Einschätzung seinen Anforderungen nicht“ oder „habe sich während der Probezeit nicht bewährt“. Dieses Werturteil muss in der Anhörung nicht weiter begründet werden.
- Rechtsfolge bei Fehlern
Verstöße gegen die vorstehenden Anforderungen können die Kündigung unwirksam und den Ausspruch einer erneuten Kündigung erforderlich machen. Problematisch hieran ist insbesondere, wenn der Arbeitgeber seinen Fehler erst „zu spät“ bemerkt. Denn unter Umständen ist die sechsmonatige Wartezeit bei Nachholung der Kündigung dann bereits abgelaufen und das Arbeitsverhältnis unterliegt nunmehr dem allgemeinen Kündigungsschutz, womit es gegebenenfalls nicht mehr oder nur durch Zahlung einer Abfindung beendet werden kann.
- Weiterführender Praxistipp: Probezeitverlängerung
Sollte sich der Arbeitgeber zum Ablauf der sechsmonatigen Probezeit noch nicht sicher sein, ob der Arbeitnehmer wirklich endgültig „an Bord geholt“ werden soll, gilt es zu beachten, dass eine Verlängerung der Wartezeit nicht möglich ist.
Nach der Rechtsprechung kann jedoch die Bewährungszeit ohne das Eingreifen des allgemeinen Kündigungsschutzes im Einzelfall über sechs Monate hinaus verlängert werden, indem noch während der Wartezeit eine Kündigung mit überschaubar verlängerter Kündigungsfrist ausgesprochen bzw. ein entsprechender Aufhebungsvertrag abgeschlossen und zugleich für den Fall der Bewährung eine Wiedereinstellung in Aussicht gestellt wird.
Bitte beachten Sie, dass es sich bei den vorstehenden Ausführungen nur um vereinfachte allgemeine Hinweise zur Rechtslage handelt, die besondere Aspekte des Einzelfalls – etwa die Anwendbarkeit von Tarifverträgen etc. – nicht berücksichtigen. Gerne stehen Ihnen die Ansprechpartner unserer Kanzlei im jeweiligen Einzelfall zur Verfügung.
Ihre Ansprechpartner
Reinmar Hagner | Partner, Rechtsanwalt
Dr. Viktor Stepien | Partner, Rechtsanwalt
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Arbeitgeberfalle Probezeitkündigung