Der Ukraine-Krieg hat seit dessen Beginn Ende Februar 2022 erhebliche Auswirkungen auf die allgemeinwirtschaftliche Entwicklung sowie auch speziell auf einzelne Branchen und Unter-nehmen. Im Rahmen von Unternehmensbewertungen sowie auch bei Transaktionen sind hier-bei zusätzliche Wirkungszusammenhänge zu berücksichtigen, welche maßgeblichen Einfluss auf den Wert eines Unternehmens sowie auch den Erfolg von geplanten Unternehmenstransaktionen haben können.
Auswirkungen auf die Ertragskraft:
Seit Ende Februar sind wirtschaftliche Veränderungen beobachtbar, die sich teilweise unter-schiedlich auf den zukünftigen Geschäftsverlauf auswirken können. Daher ist unternehmens-spezifisch zu überprüfen, inwieweit das Bewertungsobjekt durch unmittelbare Effekte, wie die Unterbrechung der Wertschöpfungskette oder dem Verlust von Absatzmärkten, betroffen ist. Mittelbare Auswirkungen auf das Bewertungsobjekt ergeben sich aufgrund der entstandenen Lieferengpässe, gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise sowie der damit einhergehenden Inflationsdynamik, welche zuletzt stetig zugenommen haben. Durch die allgemein steigenden Preise verringert sich auch die Kaufkraft und ggf. auch das Konsumentenverhalten. Hierauf können branchenspezifische Margen-Einbrüche, falls die erhöhten Inputkosten nicht an die Kunden weitergegeben werden können, folgen. Hinzukommend müssen teilweise die wegen Covid-19 nicht durchgeführten Investitionen weiterhin auf unbestimmte Zeit verschoben oder gekürzt werden.
Die aufgeführten Aspekte können erhebliche Auswirkungen auf die kurzfristige sowie auch auf die langfristige Ertragskraft von Unternehmen haben. Die Einschätzung in Bezug auf die künftige Ertragskraft ist aktuell mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Insofern empfiehlt es sich im Rahmen von Bewertungen sowie im Vorfeld von Unternehmenstransaktionen die aktuellen Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen auf die Geschäftsstrategie intensiv zu analysieren. Auch Szenario Rechnungen können in diesem Zusammenhang ein probates Mittel zur Abschätzung der Auswirkungen der Risiken auf die künftige Ertragslage und folglich auch auf den Unternehmenswert sein.
Auswirkungen auf die Kapitalkosten:
Gemäß dem fachlichen Hinweis des FAUBs ist die Methodik zur Ableitung des Kapitalisierungszinssatzes aktuell nicht anzupassen. Gleichwohl sind die Konsequenzen der mitunter durch den Ukraine-Krieg erhöhten Inflationsrate auf einzelne Parameter, wie z.B. den Basiszinssatz, den Wachstumsabschlag sowie die Fremdkapitalkosten fortwährend zu evaluieren. So ist bereits der Basiszinssatz für Unternehmensbewertungen anhand der „Svensson-Methode“ seit Beginn des Ukraine-Krieges von ca. 0,2 % auf gerundet 1,25 % bis Ende Juni 2022 angestiegen. Bei einer Stichtagsbetrachtung liegt der Basiszins sogar bereits bei ca. 1,75 %. Neben der Erhöhung des Basiszinssatzes und der Fremdkapitalkosten sind auch die Betafaktoren we-gen des eingetretenen Kursverfalls am Kapitalmarkt und der immer noch erhöhten Volatilität kritisch zu reflektieren. Insgesamt haben aufgrund des Anstiegs des Zinsniveaus auch die Finanzierungsrisiken zuletzt deutlich zugenommen.
Fazit
Bei der Bewertung von Unternehmen sowie auch bei Unternehmenstransaktionen sind aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung umfangreiche sowie auch zusätzliche Analysen (z.B. Lieferketten, Absatzmärkte, Lieferanten und Kunden sowie auch die Finanzierungsmöglichkeiten) zur Ableitung und Plausibilisierung der künftigen Ertragspotenziale durchzuführen. Aufgrund der aktuell vorherrschenden Unsicherheit war in der letzten Zeit, z.B. auch an den Börsen, ein rückläufiges Bewertungsniveau zu beobachten. Auch das steigende Zinsniveau hat hierzu maßgeblich beigetragen. Gleichwohl ist jedoch zu beachten, dass im Rahmen von Bewertungen sowie bei Unternehmenstransaktionen für eine sachgerechte und belastbare Beurteilung ohnehin immer eine umfassende Analyse und Abwägung sämtlicher Chancen und Risiken in Bezug auf den spezifischen Einzelfall erfolgen sollte. Von einer pauschalierten Beurteilung von einzelnen Unternehmen oder Branchen, ohne entsprechende Detailanalysen, sollte daher bei Bewertungen und Transaktionen abgesehen werden.
Ihre Ansprechpartner im Bereich „Bewertung und M&A“
Jürgen Baur| Partner, Steuerberater
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