Zum 1. April 2024 startete das neue Qualifizierungsgeld. Angelehnt an das in Krisenzeiten bewährte Kurzarbeitergeld soll dieses Unternehmen helfen, wenn der Verlust von Arbeitsplätzen durch den Strukturwandel droht, ihre Mitarbeiter durch die richtige Weiterbildung weiterbeschäftigen zu können. Arbeitgeber können unabhängig von der Betriebsgröße, Alter oder Qualifikation der Beschäftigten, diese für eine Weiterbildung freistellen und während dieser Zeit das Qualifizierungsgeld von der Agentur für Arbeit erhalten. Unternehmen werden so von den Entgeltzahlungen entlastet, tragen aber die Weiterbildungskosten. Voraussetzung ist das Bestehen eines Betriebsrats oder die Anwendung eines Tarifvertrages.
Das Qualifizierungsgeld kann beantragt werden, sofern in Ihrem Unternehmen ein strukturwandelbedingter Qualifizierungsbedarf eines wesentlichen Teils der Belegschaft besteht (20 Prozent bei mindestens 250 Beschäftigten, bei weniger als 250 Beschäftigten 10 Prozent). Dieser Bedarf muss in einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag festgehalten sein (sog. „Qualifizierungsvereinbarung“). Bei kleinen Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten reicht eine schriftliche Erklärung des Arbeitgebers aus.
- Welche weiteren Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Neben der Betroffenheit eines wesentlichen Teils der Belegschaft und der Feststellung des Qualifizierungsbedarfs in einer Betriebsvereinbarung oder durch einen Tarifvertrag muss die Weiterbildung
– Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die über eine kurzfristige arbeitsplatzbezogene Anpassungsfortbildung hinausgehen. Maßnahmen, zu denen der Arbeitgeber ohnehin verpflichtet ist (arbeitsplatzbezogene Anpassungsfortbildungen), sind ausgeschlossen;
– über einen Bildungsträger stattfinden, der nach der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung (AZAV) zugelassen ist. Die Bildungsmaßnahme selbst braucht keine AZAV-Zulassung;
– mehr als 120 Stunden umfassen; es können mehrere kürzere Angebote kombiniert werden. Eine Vollzeitmaßnahme darf höchstens 3,5 Jahre dauern;
– Die Arbeitnehmer dürfen in den letzten 4 Jahren vor der Antragstellung nicht schon einmal Qualifizierungsgeld von der Agentur für Arbeit erhalten haben.
- Was muss in einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag geregelt werden?
Aus der Qualifizierungsvereinbarung muss hervorgehen, welche Qualifizierungsmaßnahmen aufgrund des Strukturwandels geplant sind und warum die Betriebs- bzw. Sozialparteien davon ausgehen, dass durch die Maßnahmen eine nachhaltige Beschäftigung im Betrieb gesichert wird. Hierzu reicht eine nachvollziehbare und realistische Prognose aus.
Unternehmen sollten daher vorab überlegen, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten (künftig) im Unternehmen erforderlich sind und welcher Bildungsbedarf sich daraus ableitet.
- Beantragung des Qualifizierungsgeldes
Das Qualifizierungsgeld muss für jede berufliche Weiterbildung schriftlich bei der Agentur für Arbeit beantragt werden. Der Antrag soll spätestens drei Monate vor Beginn der beruflichen Weiterbildung gestellt werden. Nehmen mehrere Beschäftigte an derselben beruflichen Weiterbildung teil (identischer Bildungsträger, Inhalt und Zeitraum), genügt ein Antrag.
Die staatliche Förderung kann zudem nur für Beschäftigte beantragt werden, die sich in einem bestehenden Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen befinden, das weder durch Kündigung noch durch Aufhebungsvertrag bereits in Auflösung ist. Zudem müssen die Beschäftigten einer Teilnahme an der beantragten Qualifizierungsmaßnahme zustimmen.
- Höhe des Qualifizierungsgeldes
Das Qualifizierungsgeld beträgt 60 Prozent der sogenannten durchschnittlichen Nettoentgeltdifferenz. Dabei handelt es sich um einen Betrag, der pauschaliert und mit Bezug auf einen Referenzzeitraum ermittelt wird. Haben Beschäftigte mindestens ein Kind, erhalten sie 67 Prozent der Nettoentgeltdifferenz.
- Fazit: Fördermöglichkeiten nutzen!
Prüfen Sie, ob die Inanspruchnahme des Qualifizierungsgeldes für Sie eine echte Alternative zu Kurzarbeit oder zum Stellenabbau darstellt. Die gezielte Weiterbildung der Beschäftigten kann auch dazu beitragen, die Position des Unternehmens am Markt langfristig und nachhaltig zu stärken.
Gerne unterstützen und begleiten wir Sie beim Entwurf und Abschluss einer Qualifizierungsvereinbarung sowie bei der Vorbereitung und dem konkreten Antragsprozess für die Gewährung des neuen Qualifizierungsgeldes. Zögern Sie nicht, uns oder unsere Kollegen aus dem Fachbereich Arbeitsrecht auf dieses Thema anzusprechen.
Bitte beachten Sie, dass die obigen Ausführungen nur eine verkürzte unverbindliche Zusammenstellung nach heutigem Stand darstellen. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit wird keine Haftung übernommen. Gerne stehen die Ihnen bekannten Ansprechpartner unserer Kanzlei hierfür zur Verfügung.
Ihre Ansprechpartner
Gabriele Falch | Senior Managerin, Rechtsanwältin
Dr. Daniel Holler | Rechtsanwalt
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