Im März 2018 veröffentlichte die Europäische Kommission ihren Aktionsplan „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“, mit dem eine ehrgeizige und umfassende Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen auf den Weg gebracht wurde. Eines der im Aktionsplan genannten Ziele besteht darin, die Kapitalflüsse in nachhaltige Investitionen umzulenken, um ein nachhaltiges und inklusives Wachstum zu erreichen.
Die Europäische Kommission hat vor diesem Hintergrund zur Integrierung von Nachhaltigkeitspräferenzen in der MiFID II-Richtlinie 2014/65/EU entsprechende Änderungen in der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 vorgenommen, welche ab August 2022 in Kraft treten werden.
Künftig wird die Berücksichtigung der Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden im Rahmen der Anlageberatung verpflichtend sein.
Was bedeutet dies konkret?
Ab dem 02.08.2022 sind Wertpapierfirmen verpflichtet, neben den bislang zu berücksichtigenden Kriterien
- der Kenntnisse und Erfahrungen,
- der finanziellen Verhältnisse,
- des einzugehenden Risikos,
- der Risikotoleranz und
- des Zwecks der Anlage
zusätzlich auch die Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden im Rahmen ihrer Empfehlung zu berücksichtigen. Dies bedeutet konkret, dass die Geeignetheitsbeurteilung, d. h. die Prüfung, ob ein Finanzinstrument für den Kunden geeignet ist, um den Aspekt der Nachhaltigkeit erweitert wird.
Für die Einordnung der Finanzinstrumente zu den Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden werden hierbei drei Kategorien vorgesehen:
- Finanzinstrumente, die einen Mindestanteil an Wirtschaftstätigkeiten im Sinne der Taxonomie-Verordnung beinhalten,
- Finanzinstrumente, die einen Mindestanteil an nachhaltigen Investitionen im Sinne der Offenlegungs-Verordnung beinhalten und
- Finanzinstrumente, bei denen die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren im Sinne des Kundenwunsches berücksichtigt werden.
Wie erfolgt diese Beurteilung?
Die Wertpapierfirma trifft zunächst die Pflicht, den Kunden zu befragen, ob der Kunde überhaupt Nachhaltigkeitspräferenzen hat und wenn ja, in welchem Umfang und bezogen auf welche Kriterien diese Präferenzen bestehen.
Damit der Kunde sich hierzu äußern kann, wird die Wertpapierfirma dem Kunden zuvor auf verständliche Weise die Hintergründe und das Konzept der Nachhaltigkeit und der Nachhaltigkeitspräferenzen erläutern müssen.
Sollte ein Kunde äußern, dass er über keine Nachhaltigkeitspräferenzen verfügt, ist dieser als „sustainability-neutral“ einzustufen, d. h. ihm können sowohl nachhaltige als auch nicht nachhaltige Finanzinstrumente empfohlen werden.
Soweit der Kunde seine Nachhaltigkeitspräferenzen angibt, sind diese im Rahmen der Geeignetheitsbeurteilung zu berücksichtigen.
Aktuelle Entwicklungen im Bereich ESG
European Green Deal, New Sustainable Finance und EU-Taxonomie; in kaum einem anderen Themenbereich ist derzeit so viel Bewegung. Wir bleiben für Sie auf dem Laufenden und informieren Sie über alle für Sie relevanten Entwicklungen rund um das Thema ESG.
Die obigen Ausführungen sind allgemein gehalten und können Besonderheiten des Einzelfalls nicht berücksichtigen. Bei tatsächlicher Betroffenheit sind auf jeden Fall eine individuelle Analyse und Beratung erforderlich. Gerne stehen die Ihnen bekannten Ansprechpartner unserer Kanzlei hierfür zur Verfügung.
Ihre Ansprechpartner:
Helene Mayr | Rechtsanwältin
Dominic Wörlein | Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
Die Sonderinformation als PDF-Datei finden Sie im Nachgang verlinkt.