International verbundene Unternehmen: Verrechnungspreise
Erste Ansatzpunkte der grundlegenden Neuerungen im Bereich der Verrechnungspreise findet man in verschiedenen Dokumenten der OECD („OECD’s Current Tax Agenda“, „Action Plan BEPS“ und „White Paper on Transfer Pricing Documentation“).
Ziel dieser Dokumente war es, eine internationale Debatte im Bereich des „Transfer Pricing“ zu beginnen, um die Steuersysteme der verschiedenen Mitgliedstaaten der OECD ausreichend aufeinander abzustimmen, so dass einige Staaten nicht mehr unfairen Steuerwettbewerb betreiben und Steuerschlupflöcher entstehen können.
Im Jahr 2015 wurde von der OECD der im Jahr 2013 begonnene „Action Plan BEPS“ veröffentlicht, der sich gegen Strukturen der Gewinnverlagerung und Gewinnverkürzung (Base Erosion and Profit Shifting, kurz BEPS) innerhalb von Konzernen richtet. Hintergrund des aus 15 Aktionspunkten bestehenden Projekts war die Schaffung einer Konsistenz zwischen der den Leistungsbeziehungen zugrunde liegenden Wertschöpfung und der Besteuerung von Gewinnen. Diese Maßnahmen werden nun sukzessive in deutsches Recht umgesetzt. Grundlage für die Änderungen im Bereich der Verrechnungspreise ist der Aktionspunkt 13.
Wer ist dokumentationspflichtig?
Die Dokumentationspflicht nach § 90 Abs. 3 AO tritt grundsätzlich dann ein, wenn Geschäftsbeziehungen mit dem Ausland über nahestehende Personen oder Betriebsstätten bestehen. Hierbei ist der Begriff der Geschäftsbeziehung sehr weit gefasst und beinhaltet nicht nur Liefer- und Leistungsbeziehungen auf schuldrechtlicher Grundlage sondern auch rein tatsächliche Handlungen wie z. B. die Übertragung von Gegenständen ohne rechtliche Verpflichtung oder die Nutzung eines Markennamens etc. Eine Person steht dem Steuerpflichtigen nahe, wenn sie am Steuerpflichtigen zu mind. 25 % unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, auf ihn unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss ausüben kann oder wenn diese Verhältnisse in umgekehrter Richtung bestehen. Es kann auch ein Dritter sowohl an der in Frage stehenden Person als auch am Steuerpflichtigen entsprechend beteiligt sein oder auf beide beherrschenden Einfluss ausüben.
Sofern es zu einer Abweichung des fremdüblichen Preises zu Lasten des deutschen Fiskus kommt, werden die inländischen Einkünfte entsprechend § 1 AStG nach oben korrigiert.
Änderungen ab 2017
Dokumentationspflichten
Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen (kurz: EU-AmtshilfeR-UmsG) vom 20.12.2016 wurde der Rahmen für die Neuerungen im deutschen Steuerrecht geschaffen.
Das Bundesministerium für Finanzen hat Detailregelungen zu den aktuellen Aufzeichnungspflichten nach § 90 Abs. 3 AO erarbeitet und in einer geänderten Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung (GAufzV) zusammengefasst. Dieser Verordnung hat der Bundesrat am 07.07.2017 zugestimmt. Die neuen Regeln sind bereits für alle Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2016 beginnen, zu beachten.
Ziel ist es, den Finanzbehörden einen verbesserten Überblick über die Art der vom Unternehmen ausgeübten weltweiten Geschäftstätigkeit zu verschaffen. Auch sollen die Aufzeichnungen den Einstieg in die angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung der jeweiligen Unternehmensgruppe erleichtern. Dazu wird die Verrechnungspreisdokumentation künftig auch darzulegen haben, wie die Preise zur Verrechnung von Leistungen innerhalb des Unternehmens ermittelt worden sind.
Um diese Ziele zu erreichen wird grundsätzlich eine Gliederung der Verrechnungspreisdokumentation in:
- eine landesspezifische, unternehmensbezogene Dokumentation, das sog. Local File,
- und eine dazugehörige Stammdokumentation, das sog. Master File,
- und ein Country by Country Reporting (länderbezogener Bericht)
gefordert.
Im Local File sollen detaillierte Informationen über die konzerninternen Geschäftsbeziehungen gegeben werden, die für eine Verrechnungspreisanalyse erforderlich und geeignet sind, um die Übereinstimmung der Geschäftsbeziehungen des Steuerpflichtigen mit dem Fremdvergleichsgrundsatz darzulegen. Dazu sind allgemeine Informationen über die Beteiligungsverhältnisse, den Geschäftsbetrieb und den Organisationsaufbau sowie Aufzeichnungen über Geschäftsbeziehungen des Steuerpflichtigen, eine Funktions- und Risikoanalyse und die Verrechnungspreisanalyse erforderlich.
Neu ist ab 2017, dass insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung gegeben werden müssen und damit die Verrechnungspreisbestimmung im Vorhinein vor Eingehen des Rechtsgeschäfts stattfinden muss.
Auch im Rahmen der Dokumentation der Angemessenheit der Verrechnungspreise wird es immer wichtiger, darzulegen, warum die Methode der Verrechnungspreisbestimmung gewählt wurde und warum sie so, wie sie angewendet wurde richtig ist. Zudem ist eine Beschreibung der Wertschöpfungskette und Darstellung des Wertschöpfungsbeitrags des Steuerpflichtigen im Verhältnis zu den nahe stehenden Personen, mit denen Geschäftsbeziehungen bestehen, erforderlich.
Weitere Neuerungen gibt es auch im Bereich der Verrechnung von Dienstleistungen (siehe dazu den Abschnitt „Namensnutzung zwischen verbundenen Unternehmen“).
Das Master File (§ 90 Abs. 3 S. 3 AO) soll einen Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung geben.
Diese Stammdokumentation soll eine
- grafische Darstellung des Organisationsaufbaus,
- geografische Verteilung der Gesellschaften und Betriebsstätten,
- kurz gefasste Darstellung der Geschäftstätigkeit,
- allgemeine Darstellung der Gesamtstrategie zu den immateriellen Werten (Entwicklung, Eigentum und Verwertung) und
- eine allgemeine Umschreibung der Art und Weise der Finanzierung
enthalten.
Weitere Details zum Umfang der Stammdokumentation sind in einer Anlage zur GAufzV aufgeführt.
Sie muss nur von Unternehmen erstellt werden, deren Umsatz im vorangegangenen Wirtschaftsjahr mehr als 100 Millionen Euro betragen hat.
Die Dokumentation muss innerhalb von 60 Tagen (30 Tage bei außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen) nach Aufforderung durch den Betriebsprüfer vorgelegt werden.
Wird eine ordnungsgemäße Dokumentation der sog. Verrechnungspreise nicht fristgerecht vorgelegt, ist die Finanzverwaltung berechtigt, zu Ungunsten des Steuerpflichtigen Schätzungen vorzunehmen, und es werden hohe Strafzahlungen fällig.
Der Country-by-Country Report (CbCR) enthält staatenweise zusammengefasste Informationen über die globale Gewinnaufteilung, die global gezahlten Steuern und die Verteilung der wirtschaftlichen Aktivitäten (§ 138a AO). Er muss jährlich nach Ablauf des Wirtschaftsjahres elektronisch an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt werden. Konzerne mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro sind hierzu verpflichtet.
Eine Verpflichtung zur Erstellung eines CbCR gilt laut dem sogenannten „secondary mechanismus“ auch für deutsche Konzerntochtergesellschaften. Voraussetzung hierfür ist, dass ihre im Ausland ansässige Konzernobergesellschaft kein CbCR an die deutschen Finanzbehörden übermittelt hat. Diese Anzeigepflicht findet für die nach dem 31.12.2016 beginnenden Wirtschaftsjahre Anwendung und wird mit bis zu 10.000 Euro Geldbuße im Fall der Nichtgabe des CbCR geahndet.
Namensnutzung zwischen verbundenen Unternehmen
Darüber hinaus gibt es ein neues BMF-Schreiben (BMF, 07.04.2017, IV B 5 – S 1341/16/10003) zur Namensnutzung im Konzern. Dies wurde seit langem von Beratern und Unternehmern erwartet, weil es zu mehr Rechtssicherheit im Bereich der „Markenverrechnung im Konzern“ beitragen soll. Demzufolge muss für die Nutzung des Unternehmensnamen ein Entgelt gezahlt werden, sofern es sich um eine entgeltfähige schuldrechtliche Beziehung handelt. Grundsätzlich ist dies der Fall, wenn der Überlassende ein Abwehrrecht hat. Über dieses verfügt er, sofern es sich um eingetragenes Markenrecht handelt. Tatsächliche Vergütungspflicht ist gegeben, wenn der jeweilige Name einen Wert hat, der über Marktpreise zu realisieren ist und unter voneinander unabhängigen Dritten vergütet werden würde.
Sofern die Überlassung des ausländischen Firmennamens durch den ausländischen Gesellschafter an die deutsche Gesellschaft lediglich eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung darstellt, können steuerlich keine Lizenzentgelte vereinbart werden. Wenn der Markenname lediglich Bestandteil des eigenen Firmennamens ist und somit nur der Unternehmensunterscheidung gem. § 18 Abs. 1 HGB dient, so handelt es sich um eine Nutzung aus gesellschaftsrechtlichen Gründen. Dann kann kein Entgelt dafür gefordert werden, da durch die Markenüberlassung auch kein Vorteil für den Vertrieb in Deutschland entsteht. Ob sich ein konkreter Vorteil aus der Markennutzung ergibt, hängt davon ab, ob die Marke einen konkreten Nutzen vermittelt: Die Marke muss einen eigenständigen, vermarktungsfähigen Wert haben, durch ihre Nutzung muss sich eine tatsächliche Absatzsteigerung oder eine Marktanteilserhöhung der Produkte möglich sein.
Außerdem muss die Zahlung einem fremdüblichen Entgelt entsprechen, wobei die Grundsätze der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters beachtet werden müssen.
(pdf Datei der Sonderinformation)
Für Rückfragen steht Ihnen Ihr Ansprechpartner für das Thema Verrechnungspreise – Herr Dr. Zausig – jederzeit gerne zur Verfügung.
Dr. Johannes Zausig, Partner, Steuerberater