Aktuelles zur Umsatzsteuer von Martha Klink, Sonntag & Partner
Ansicht der Finanzverwaltung
Sofern Waren in das Ausland oder aus dem Ausland nach Deutschland veräußert werden, wird dies nicht selten über ein sog. Konsignationslager abgewickelt. Dabei wird die Ware in der Regel auf dem Gelände des Abnehmers bzw. in dessen Nähe eingelagert und der Abnehmer kann bei Bedarf jederzeit Waren aus dem Lager entnehmen. Dies hat den Vorteil, dass die wirtschaftlichen Risiken sowie die Bilanzierung der Ware bis zur Entnahme bei dem Lieferanten verbleibt, der Abnehmer jedoch kurzfristig auf die benötigte Ware zugreifen kann.
Nach Ansicht der Finanzverwaltung (Abschn. 1a Abs. 6 UStAE) handelt es sich bei einer Zwischenlagerung in einem Auslieferungs- oder Konsignationslager – selbst wenn die Weiterlieferung beabsichtigt wird – um ein (steuerfreies) innergemeinschaftliches Verbringen. Dieses muss entsprechend in der Umsatzsteuer-Voranmeldung des Abgangsstaates deklariert werden, während im Mitgliedstaat des Konsignationslagers korrespondierend ein innergemeinschaftlicher Erwerb zu erklären ist. Dies erfordert in der Regel eine umsatzsteuerliche Registrierung im Staat des Konsignationslagers.
Entscheidung des BFH vom 20.10.2016 (V R 31/15)
Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung kann nach dem Urteil des BFH auch bei einer Lieferung über ein Konsignationslager – trotz der Zwischenlagerung – eine Direktlieferung angenommen werden. Als Folge entfällt das innergemeinschaftliche Verbringen durch den Lieferanten. Vielmehr hat dieser eine (steuerfreie) innergemeinschaftliche Lieferung zu deklarieren während der Abnehmer einen innergemeinschaftlichen Erwerb erklärt.
Für die Annahme einer Direktlieferung müssen jedoch weitere Voraussetzungen vorliegen. Insbesondere ist erforderlich, dass der Abnehmer bereits bei Beginn der Versendung feststeht. Damit kann die Regelung nur in solchen Fällen Anwendung finden, in denen nur ein Kunde berechtigt ist, Ware aus dem Lager zu entnehmen. Besteht eine derartige Entnahmeberechtigung zugunsten mehrerer Kunden, wird man nicht von einem feststehenden Abnehmer ausgehen können.
Darüber hinaus darf es sich nach Ansicht des BFH lediglich um eine nur vorrübergehende Einlagerung auf kurze Zeit handeln. Wann genau eine Zwischenlagerung als „auf kurze Zeit“ angesehen werden kann, lässt der BFH hingegen offen.
Praxisauswirkungen
Mit dem Urteil schließt sich der BFH den Entscheidungen einiger Finanzgerichte an und vereinfacht teilweise die Abwicklung grenzüberschreitender Lieferungen. Allerdings werden nicht alle Lieferungen über ein Konsignationslager von der neuen Rechtsprechung profitieren können. Nur sofern lediglich ein Abnehmer Zugriff auf die Waren erhält, kommt eine Direktlieferung überhaupt in Betracht. Ebenfalls fraglich bleibt, wie lange die Ware maximal in dem Konsignationslager verbleiben darf, damit es sich um eine unschädliche Zwischenlagerung im Sinne der BFH-Rechtsprechung handeln kann.
Bei Fragen steht Ihnen unser Umsatzsteuerteam gerne zur Verfügung.
Martha Klink, Rechtsanwältin, Steuerberaterin