Die Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union führt zu weitreichenden Gesetzesänderungen – vor allem des Nachweisgesetzes – und geht mit um-fangreichen Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers einher. Bemerkenswert ist, dass etwaige Verstöße gegen das Nachweisgesetz erstmals bußgeldbewehrt sind.
Als Arbeitgeber sollten Sie sich daher bereits jetzt mit den Änderungen befassen, um auf diese rechtzeitig reagieren zu können.
Der Richtlinie ist bis 01. August 2022 in deutsches Recht umzusetzen. Im Folgenden möchten wir Ihnen daher einen Ausblick auf die zukünftigen arbeitgeberseitigen Pflichten anhand des vom deutschen Bundestag bereits beschlossenen Gesetzesentwurfs geben, welcher allerdings noch der Zustimmung des Bundesrats bedarf:
- Neuerungen im Nachweisgesetz
Der Katalog der Vertragsbedingungen, welche schriftlich niederzulegen und anschließend dem Arbeitnehmer auszuhändigen sind, wird erheblich erweitert.
In die Niederschrift sind unter anderem Informationen, über die Voraussetzung für die Anordnung von Überstunden, wenn eine solche Möglichkeit vereinbart wurde, mit aufzunehmen. Darüber hinaus müssen künftig vereinbarte Ruhepausen und -zeiten angegeben werden und soweit Schichtarbeit gelebt wird, Angaben zum Schichtarbeitssystem, Schichtrhythmus und den Voraussetzungen für Änderungen der Schichtarbeit zu machen. Des Weiteren soll die Niederschrift in Zukunft auf einen Hinweis auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen enthalten.
Eine weitere wichtige Neuerung sind verpflichtende Angaben über das bei einer Kündigung einzuhaltende Verfahren, wie das Schriftformerfordernis nach § 623 BGB, die Kündigungsfrist und Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Für die Arbeit auf Abruf werden zusätzliche Angaben erforderlich. Bei einer Tätigkeit des Arbeitnehmers im Ausland bzw. Entsendung sieht der Gesetzesentwurf ebenfalls umfangreiche Pflichten zur Niederschrift vor.
Hierbei handelt es sich nur um einige der geplanten Änderungen des § 2 NachwG. Aktuell ist bei einigen Angaben noch nicht absehbar, wie detailliert diese zu erfolgen haben. Es ist daher auch zukünftig eine etwaige Konkretisierung durch die Rechtsprechung zu beachten.
- Form und Frist für die Erfüllung der bestehenden Nachweispflichten
Entgegen der nach der Richtlinie bestehenden Möglichkeit die Angaben in digitaler Form zu erteilen, bleibt es dabei, dass der Arbeitgeber die genannten Informationen in Schriftform zu erteilen hat.
Die Niederschrift ist daher eigenhändig durch den Arbeitgeber zu unterzeichnen und kann weiterhin nicht durch elektronische Form ersetzt werden.
Auch in zeitlicher Hinsicht sind Änderungen vorgesehen. Die wesentlichen Vertragsbedingungen sind dem Arbeitnehmer zum Teil bereits spätestens am ersten Tag des Arbeitsverhältnisses (Name und Anschrift der Vertragsparteien, die Höhe des Arbeitsentgelts und die vereinbarte Arbeitszeit) auszuhändigen. Weitere Angaben sind spätestens am siebten Tag bzw. ein Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses zu machen.
Wir empfehlen Ihnen daher – um einen zusätzlichen Aufwand zu vermeiden – die nach dem Nachweisgesetz erforderlichen Informationen soweit wie möglich in den schriftlichen Arbeitsvertrag aufzunehmen.
- Und was ist mit Altverträgen?
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber die Nieder-schrift aller Angaben nach dem geänderten Nachweisgesetz innerhalb von sieben Tagen bzw. eines Monats nach Zugang der entsprechenden Aufforderung verlangen kann.
Daher sollte hierfür bereits jetzt Vorsorge getroffen werden und entsprechende Informationsblätter entworfen werden. Damit derartige Anfragen nach Inkrafttreten des neuen Nachweisgesetzes zügig bearbeitet werden können.
- Welche Konsequenzen kann ein Verstoß gegen die Unterrichtungspflichten haben?
Ein Verstoß gegen die Nachweispflichten stellt künftig eine Ordnungswidrigkeit dar, welche mit einer Geldbuße von bis zu 2.000 € geahndet werden kann.
Eine Ordnungswidrigkeit liegt bereits vor, wenn die Angaben nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig aushändigt wer-den.
- Weiteren Gesetzesänderungen
Des Weiteren sind aufgrund der Richtlinie noch weitere gesetzliche Änderungen vorgesehen, wie beispielhaft – unter anderem und nicht abschließend – bei der Arbeitnehmerüberlassung und bei befristeten Arbeitsverhältnissen.
5.1 Stellungnahme Pflichten des Arbeitgebers
Äußert ein Arbeitnehmer, der eine Betriebszugehörigkeit von mehr als sechs Monaten aufweist, im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Arbeitgeber per Textform den Wunsch, dass er Interesse an einer unbefristeten Beschäftigung oder an einer Veränderung der Dauer oder der Lage der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit hat, muss der Arbeitnehmer reagieren. Der Arbeitgeber hat dann binnen eines Monats nach Zugang der Anfrage diese begründet in Textform zu beantworten (Änderungen im TzBfG).
Ein Leiharbeitnehmer kann unter den genannten Voraussetzungen gegenüber dem Entleiher den Wunsch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages mit diesem äußern. In diesem Fall obliegt dann dem Entleiher eine vergleichbare Stellungnahme Pflicht binnen eines Monats (Änderungen im AÜG).
Insgesamt gilt jeweils, dass der Arbeitgeber bzw. Entleiher innerhalb von 12 Monaten nur einmal begründet auf eine etwaige Anfrage des Arbeitnehmers zu antworten hat.
5.2 Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen
In befristeten Arbeitsverhältnissen hat die Probezeit zukünftig im Verhältnis zur Befristungsdauer und Art der Tätigkeit zu stehen. Die Rechtsfolgen bei einem Verstoß sind bisher noch nicht konkretisiert. Es wird dann eine längere Kündigungsfrist als die übliche 2-Wochen-Frist gelten.
5.3 Kostentragungspflicht des Arbeitgebers bei Pflichtfortbildungen
In § 111 GewO wird nun ausdrücklich geregelt, dass Kosten für Pflichtfortbildungen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund von Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebs-/Dienstvereinbarung anbieten muss und welche für die Ausübung der arbeitsvertraglichen Tätigkeit erforderlich sind, nicht auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden dürfen.
Letztlich bleibt abzuwarten, mit welchem bürokratischen Aufwand die Änderungen in der Praxis zu bewältigen sind und ob/wie diese durch die Rechtsprechung konkretisiert werden. Arbeitgeber sollten sich aber schon jetzt auf die erweiterten Unterrichtungs- und Dokumentationspflichten einstellen. Gerne unterstützen wir Sie bei der Umsetzung der Neuerungen in Ihrem Unter-nehmen. Es stehen Ihnen auch hier die bekannten Ansprechpartner unserer Kanzlei zur Verfügung.
Bitte beachten Sie, dass die obigen Ausführungen nur eine unverbindliche Zusammenstellung nach heutigem Stand darstellen und nicht sämtliche Änderungen wiedergeben. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit wird keine Haftung übernommen.
Ihre Ansprechpartner
Dr. Andreas Katzer | Partner, Rechtsanwalt
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