Wenn das altehrwürdige Vergaberecht auf neue Technologien trifft: die Vergabekammer Mecklenburg-Vorpommern hatte kürzlich über die Zulässigkeit einer Rüge per WhatsApp zu entscheiden – mit erstaunlichem Ergebnis.
Zugrunde lag ein Sachverhalt, wonach das Angebot eines Bieters deshalb von der Wertung ausgeschlossen wurde, weil ein geforderter Nachweis eines Gütekennzeichens nach „RAL“ für den Kanalbau nicht vorgelegt wurde. Der Bieter schrieb daraufhin dem Projektleiter der Vergabestelle nach Eröffnung der Submissionsergebnisse über den Nachrichtendienst „WhatsApp“:
„Hallo ###,
das Ergebnis kennst Du ja bestimmt schon. Vllt. könnt ihr mal gucken, ob die geforderte AK 2 wirklich vorliegt.“
Die Frage, über die die Vergabekammer nun unter anderem zu entscheiden hatte: Erfüllte die WhatsApp-Nachricht die Anforderungen an eine zulässige Rüge? Ergebnis im konkreten Fall: Ja!
Begründung:
1. An die Rüge eines Bieters in einem Vergabeverfahren sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass der Bieter deutlich macht, dass er in einem bestimmten Sachverhalt einen Vergaberechtsverstoß sieht und Abhilfe erwartet.
2. Die Rüge eines Bieters ist an keine bestimmte Form gebunden. Die Vorschriften über die sog. „eVergabe“ beziehen sich nur auf das Vergabeverfahren. Als Teil des Rechtsmittelverfahrens ist die Rüge nicht dem Vergabeverfahren zuzurechnen.
3. Eine über den Messengerdienst „WhatsApp“ versendete Nachricht kann die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge erfüllen.
Dennoch ist Vorsicht geboten, da der Bieter für den Zugang der Rüge, die als eine rechtsgeschäftliche Handlung angesehen wird, weshalb § 130 BGB gilt, für den Fall der Unaufklärbarkeit die Beweislast trägt! Eine Rüge sollte daher in aller Regel schriftlich erfolgen und rechtssicher zugestellt werden.
Darüber, wie Sie richtig rügen und sich im Falle von Vergaberechtsverstößen verhalten, welche Fristen zu beachten sind und welcher Rechtsschutz Ihnen zusteht, beraten wir Sie gerne persönlich!
Quellen:
IBRRS 2024, 0709; VPRRS 2024, 0050; VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19.05.2022 – 3 VK 3/22
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Julia Spaderna | Rechtsanwältin
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