Bereits in der Vergangenheit haben wir zu der bei inhabergeführten Familiengesellschaften bestehenden Problematik der versteckten Sozialversicherungspflicht von mitarbeitenden Gesellschaftern und Gesellschafter-Geschäftsführern bei GmbH, KG oder GmbH & Co. KG Aus gegebenem Anlass möchten wir dies hiermit ein weiteres Mal tun, da diese Thematik aufgrund aktueller, höchstrichterlicher Rechtsprechung und geänderter Prüfpraxis eine noch größere Relevanz bekommen hat als sie ohnehin schon hatte.
Worum geht es?
Das Bundessozialgericht vertritt seit mehreren Jahren in mittlerweile stark gefestigter Rechtsprechung die Linie, dass GmbH-Geschäftsführer, die von der GmbH eine Vergütung erhalten, grundsätzlich in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehen.
Eine Sozialversicherungsfreiheit kann in der Regel nur dann angenommen werden, wenn die GmbH-Geschäftsführer mehr als 50 % der Stimmrechte haben oder über ein umfassendes Vetorecht verfügen, das sich auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft beziehen muss.
Diese Rechtsprechung zur GmbH wird zudem zunehmend auch auf die (GmbH & Co.) KG übertragen. Natürliche Personen als Komplementäre sind sozialversicherungsfrei, bei der GmbH & Co. KG wird ein Kommanditist oft dann, wenn er nicht auch Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist, als sozialversicherungspflichtig angesehen.
Warum betrifft dies insbesondere inhabergeführte Familiengesellschaften?
Die neueren Entwicklungen und die geänderte Prüfpraxis betreffen vor allem inhabergeführte Familiengesellschaften.
Typische Fallkonstellationen sind:
– Geschwister oder Ehegatten halten alle Anteile an der Gesellschaft, sind aber nicht alle als Geschäftsführer tätig,
– Anteilseigner in den Gesellschaften sind mehrere Generationen, in denen z.B. die Kinder und die Eltern Gesellschafter sind, aber nur noch die Kinder die Geschäfte führen, und
– bei den Gesellschaftern besteht eine unterschiedliche Anteilsverteilung trotz Mitarbeit und teilweise auch Geschäftsführung in gleicher Weise.
Die so genannte „Kopf-und-Seele-Rechtsprechung“, die gerade bei Gesellschaften, deren Anteile komplett innerhalb einer Familie gehalten werden und die zur Sozialversicherungsfreiheit aller Gesellschafter und sogar von Nicht-Mehr-Gesellschaftern führen konnte, wurde vom Bundessozialgericht ausdrücklich aufgegeben.
Im Rahmen der Betriebsprüfungen durch die Rentenversicherungsträger erfolgen jetzt verstärkt förmliche Prüfungen, die vielfach zu oft hohen fünf- oder sechsstelligen Beitragsnachforderungen führen. Aufgrund bereits in der Vergangenheit insoweit beanstandungsfrei durchgeführten Betriebsprüfungen besteht nach gefestigter Rechtsprechung kein Bestands- oder Vertrauensschutz, so dass Sozialversicherungsbeitrage mindestens in den Grenzen der Regelverjährung (rückwirkend für die letzten vier Kalenderjahre sowie für das aktuelle Kalenderjahr) zurückgefordert werden könnten.
Vermeidung der Sozialversicherungspflicht
Trotz der neuen Rechtsprechung des BSG ist es nach wie vor möglich, die Sozialversicherungspflicht zu vermeiden. In welcher Ausgangslage welche Maßnahmen erfolgversprechend sein können, ist wie stets anhand der konkreten Umstände zu prüfen.
Vor diesem Hintergrund empfehlen wir dringend,
– aufgrund der genannten Änderungen der Rechtsprechung und der Verwaltungspraxis den Sozialversicherungsstatus von allen mitarbeitenden Gesellschaftern und Gesellschafter-Geschäftsführern prüfen zu lassen, ob Sozialversicherungspflicht bestehen könnte,
– auch bei allen (geplanten) Änderungen der Gesellschafterstruktur, etwa der Beteiligungsquoten, ebenfalls die Frage der Sozialversicherungspflicht genau zu prüfen,
– durch Satzungsänderungen oder andere Maßnahmen gewünschte Sozialversicherungsfreiheit herbeizuführen oder sicherzustellen, und
– darauf zu achten, dass bei GmbHs zum Handelsregister aktuelle Gesellschafterlisten eingereicht sind bzw. bei Änderungen diese unverzüglich eingereicht werden, da für die Statusbeurteilung die zum Handelsregister eingereichten Gesellschafterlisten maßgeblich sind.
Bitte scheuen Sie sich nicht, auf uns zuzukommen. Wir führen die entsprechenden Statusprüfungen gerne durch. Aufgrund der mittlerweile sehr verfestigten Rechtsprechung sind diese Erstprüfungen mit einem sehr geringen Zeitaufwand möglich.
Ihre Ansprechpartner
Prof. Dr. Andreas Katzer | Partner, Rechtsanwalt
Michael Zayoz | Senior Manager, Rechtsanwalt
Die Sonderinformation als PDF-Datei finden Sie im Nachgang verlinkt
Sozialversicherungspflicht bei inhabergeführten Familiengesellschaften