Bisher konnten Vermieter von Wohngebäuden die Kosten für CO2, die durch das Brennstoffemissionshandelsgesetz und das Europäische Emissionshandelssystem (ETS) entstehen, vollständig an ihre Mieter weitergeben. Der CO2-Preis traf im Ergebnis also ausschließlich den Mieter. Der Preis setzte zwar Anreize für sparsames Heizverhalten des Mieters, nicht aber für Sanierungsmaßnahmen des Vermieters. Die klimapolitisch beabsichtigte Lenkungswirkung wurde daher nur begrenzt erreicht. Dies soll sich nun ab 2023 ändern:
Zum 1. Januar 2023 tritt das neue Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz (CO2KostAufG) in Kraft. Künftig sollen die CO2-Kosten zwischen Mietern und Vermietern je nach Gebäudetyp und energetischem Zustand aufgeteilt werden:
I. Kostenaufteilung bei Wohngebäude
Für alle Wohngebäude und für Gebäude mit gemischter Nutzung, die überwiegend Wohnzwecken dienen, wird ab 01. Januar 2023 ein Stufenmodell eingeführt, dass die CO2-Kosten anhand der energetischen Qualität des Gebäudes wie folgt aufteilt:
- Bei Gebäuden mit einer besonders schlechten Energiebilanz (> = 52 kg CO2/m2/a) übernehmen die Vermieter 95 % und die Mieter 5 % der CO2-Kosten.
- Bei Gebäuden mit einer Energiebilanz von 47 bis < 52 kg CO2/m²/a übernehmen die Vermieter 80 % und die Mieter 20 % der CO2-Kosten.
- Bei Gebäuden mit einer Energiebilanz von 42 bis < 47 kg CO2/m²/a übernehmen die Vermieter 70 % und die Mieter 30 % der CO2-Kosten.
- Bei Gebäuden mit einer Energiebilanz von 37 bis < 42 kg CO2/m²/a übernehmen die Vermieter 60 % und die Mieter 40 % der CO2-Kosten.
- Bei Gebäude mit einer Energiebilanz von 32 bis < 37 kg CO2/m²/a übernehmen die Vermieter 50 % und die Mieter 50 % der CO2-Kosten.
- Bei Gebäuden mit einer Energiebilanz von 27 bis < 32 kg CO2/m²/a übernehmen die Vermieter 40 % und die Mieter 60 % der CO2-Kosten.
- Bei Gebäuden mit einer Energiebilanz von 22 bis < 27 kg CO2/m²/a übernehmen die Vermieter 30 % und die Mieter 70 % der CO2-Kosten.
- Bei Gebäuden mit einer Energiebilanz von 17 bis < 22 kg CO2/m²/a übernehmen die Vermieter 20 % und die Mieter 80 % der CO2-Kosten.
- Bei Gebäuden mit einer Energiebilanz von 12 bis < 17 kg CO2/m²/a übernehmen die Vermieter 10 % und die Mieter 90 % der CO2-Kosten.
- Bei Gebäuden mit einer Energiebilanz von < 12 kg CO2/m²/a müssen die Vermieter keine CO2-Kosten mehr tragen. 100 % der CO2-Kosten trägt hierbei der Mieter.
Das vorgenannte Stufenmodell soll nach dem CO2KostAufG für alle Wohngebäude und für Gebäude mit gemischter Nutzung, die überwiegend Wohnzwecken dienen, gelten.
II. Übergangsweise Kostenaufteilung bei Nichtwohngebäuden
Bei sog. Nichtwohngebäuden soll vorerst eine Pauschalregelung gelten. Mieter und Vermieter tragen die CO2-Kosten jeweils zur Hälfte. § 8 CO2KostAufG normiert insoweit, dass eine Regelung, nach der der Mieter mehr als 50 Prozent der CO2-Kosten zu tragen hat, unwirksam ist.
Mithilfe von bis Ende 2024 zu erhebender Daten über den Bestand, die Heizstruktur und den Energieverbrauch sieht das Gesetz verpflichtend vor, dass für Nichtwohngebäuden die Kostenaufteilung ab 2025 ebenfalls anhand eines gesonderten Stufenmodells erfolgen soll. Die hälftige Kostentragungspflicht wird dann ersetzt, § 8 Abs. 4 CO2KostAufG.
III. Definition und Abgrenzung
Ob ein Gebäude als Wohn- oder Nichtwohngebäude klassifiziert wird, wird nicht durch die Nutzung der Räume bestimmt, sondern durch die Art des Gebäudes. Zur Bestimmung des Wohngebäudes wird inhaltlich auf die Definition in § 3 Abs. 1 Nr. 33 GEG zurückgegriffen. Ein Wohngebäude ist ein Gebäude, das nach seiner Zweckbestimmung überwiegend dem Wohnen dient. Handelt es sich bei einem Gebäude in Bezug auf die Art überwiegend um Wohnraum, wird dieses im Rahmen der Beurteilung und der rechtlichen Folgen des CO2KostAufG aller Voraussicht nach als Wohngebäude klassifiziert, unabhängig davon, ob die mietvertragliche Nutzung eine gewerbliche ist. Insbesondere im Rahmen der Vermietung von Wohn-, Alten- oder Pflegeheimen sowie ähnlicher Einrichtungen, die in Bezug auf die Nutzung eine gewerbliche Vermietung darstellt, scheint von gesetzgeberischer Seite gewollt zu sein, dass das Stufenmodell (Ziff. I) und nicht der grds. (vorerst) geltende Halbteilungsgrundsatz der CO2-Kosten (Ziff. II.) zur Anwendung gelangt. Ob dies für einen Gewerbevermieter im vorgenannten Sinne Vorteil oder Nachteil ist, muss hiernach im Einzelfall anhand des energetischen Zustands des Gebäudes geprüft werden.
IV. Keine Umgehung durch mieterseitige Selbstversorgung
Vermieter können sich nach dem CO2KostAufG auch nicht dadurch von ihrer (Mit-)Zahlungspflicht befreien, in dem sie dem Mieter – wie insbesondere im Rahmen der gewerblichen Vermietung üblich – die Pflicht zum direkten Vertragsabschluss mit einem Versorgungsunternehmen vertraglich auferlegen. Denn:
Mieter, die sich selbst mit Brennstoffen versorgen, sollen dem Vermieter gegenüber nunmehr Erstattungsansprüche geltend machen können. Die Kostenermittlung erfolgt im Rahmen einer jährlichen Heizkostenabrechnung. Hierfür haben die Mieter 12 Monate Zeit.
Darüber hinaus werden Brennstofflieferanten ab 2023 verpflichtet, den Mietern Informationen zum Erstattungsverfahren zukommen zu lassen.
V. Ausnahmen und Korrektur des Aufteilungsmaßstabs
Das CO2KostAufG beruht auf der Zielsetzung, dass beide Mietvertragsparteien durch ihr Verhalten auf den Ausstoß von Kohlendioxid einwirken und ihn verringern können: der Vermieter als Gebäudeeigentümer durch energetische Ertüchtigung des Gebäudes, der Mieter durch sparsamen Umgang mit Heizenergie. Diese Zielsetzung geht jedoch dann ins Leere, wenn Umstände außerhalb der Einwirkungsmöglichkeiten der Beteiligten ihre Verwirklichung verhindern bzw. substanziell erschweren.
Für solche Fälle auf Seiten des Gebäudeeigentümers bzw. Vermieters sieht § 9 CO2KostAufG dahingehend eine Korrektur vor, dass der Anteil des Eigentümers am CO2-Preis unter bestimmten Voraussetzungen entweder halbiert wird oder sogar ganz wegfällt. In diesen Fällen trägt der Mieter die Kosten entweder überwiegend oder allein, weil er jetzt als der alleinige Einflussnehmer auf die Energiebilanz übrigbleibt.
Zugunsten des Gebäudeeigentümers wirken insoweit insbesondere Vorgaben des Denkmalsschutzes oder eines Anschluss- und Benutzungszwanges für ein gemeindliches Heizkraftwerk, mithin öffentlich-rechtliche Vorgaben, denen er Folge leisten muss. Je nach Auswirkung dieser Vorgaben auf die Handlungsfähigkeit des Eigentümers in Bezug auf mögliche energetische Sanierungsmaßnahmen, kann sich der Eigentümer auf die Reduzierung oder im Einzelfall sogar auf den Wegfall seiner Teilhabepflicht am CO2-Preis berufen.
Die Beweislast für diese Ausnahmen trägt der Vermieter, sodass betroffene Vermieter bereits im Laufe des Jahres 2023 gut beraten sind, fachkundige rechtsberatende Unterstützung einzuholen.
VI. Neue Vorgaben im Rahmen der jährlichen vermieterseitigen Heizkostenabrechnung
Auch im Rahmen der Betriebskostenabrechnung treffen den Vermieter ab dem Abrechnungsjahr 2023 neue Pflichtvorgaben. Vermieter müssen im Rahmen der Heizkostenabrechnung künftig weiter die in § 7 Abs. 3 CO2KostAufG genannten Angaben mit aufnehmen. Fehlt in der Abrechnung künftig eine solche Angabe, steht dem Mieter im Einzelfall fortan ein Recht zu, den gemäß der Heizkostenabrechnung auf ihn entfallenden Anteil an den Heizkosten um 3 Prozent zu kürzen. Vermieter sowie deren Hausverwalter sind daher gut beraten, die Heizkostenabrechnung 2023 frühzeitig vorzubereiten und ggf. fachkundig prüfen zu lassen, um Fehler zu vermeiden.
Damit der Vermieter der vorgenannten Verpflichtung nachkommen kann, werden Brennstofflieferanten gem. § 3 CO2KostAufG verpflichtet, auf Rechnungen bestimmte, für die Berechnung relevante, Informationen auszuweisen.
VII. Auswirkung auf die Mietrechtspraxis
- Umgang mit Bestandsmietverträgen
- Verbleibende Gestaltungsmöglichkeiten
- Auswirkung auf die Abrechnungspraxis
VIII. Welcher Handlungsbedarf kommt auf Vermieter zu?
In der Konsequenz droht Vermietern ab dem Jahr 2023 eine stetig steigende Kostenlast und zudem eine Reihe neuer Verpflichtungen. Insbesondere folgende Punkte sollten von Vermietern im Laufe des Jahres 2023 daher bereits geprüft und beachtet werden:
-Vermieter sollten in Zweifelsfällen zuerst prüfen, besser fachkundig prüfen lassen, in welche Gebäudekategorie (Wohn- oder Nichtwohngebäude) die von ihnen vermieteten Räume und Flächen fallen.
-Vermieter von Wohngebäuden haben weiter den Kohlendioxidausstoß sowie den Anteil der von ihnen zu tragenden Kosten zu ermitteln.
-Ab dem Abrechnungszeitraum 2023 müssen Betriebskostenabrechnungen entsprechend der Vorgaben des CO2KostAufG angepasst und ggf. bestehende Abrechnungsvorlagen zwingend überarbeitet werden.
-Vermieter sollten ebenfalls prüfen, ob ihre Immobilie im Einzelfall ggf. von der CO2-Kostenbeteiligung ausgenommen ist.
-Im Übrigen sollte fachkundig geprüft werden, ob sich vor dem Hintergrund der künftigen Beteiligung an den CO2-Kosten eine energetische Sanierung (Dämmung des Gebäudes oder Dekarbonisierung der Wärmeversorgung) wirtschaftlich rechnet und ob diese Kosten ggf. über entsprechende Mieterhöhungsmöglichkeiten amortisiert werden können. Hierbei sind insbesondere auch die aktuellen und geplanten Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sowie potenzielle Fördermöglichkeiten von energetischen Sanierungsmaßnahmen zu berücksichtigen. Darüber hinaus dürften ggf. bestehende Genehmigungsvorbehalte für energetische Sanierungen sowie mietpreisrechtliche Beschränkungen der Umlagefähigkeit von Sanierungskosten eine Rolle bei der Entscheidungsfindung spielen.
Die obigen Ausführungen sind allgemein gehalten und können Besonderheiten des Einzelfalls nicht berücksichtigen. Bei tatsächlicher Betroffenheit sind auf jeden Fall eine individuelle Analyse und Beratung erforderlich. Gerne stehen die Ihnen bekannten Ansprechpartner unserer Kanzlei hierfür zur Verfügung.
Ihre Ansprechpartner
Dr. Benjamin Riedel | Partner, Rechtsanwalt
Marco Meynhardt | Senior Manager, Rechtsanwalt
Ingmar Niederkleine | Partner, Rechtsanwalt
Die Sonderinformation als PDF-Datei finden Sie im Nachgang verlinkt
Umlage des Kohlendioxidpreises ab dem 01.Januar 2023 auch auf Vermieter