Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 08.07.2021 entschieden, dass die Verzinsung nach § 233a AO mit 0,5 % p.a. ab dem Jahr 2014 unangemessen ist. Für die Jahre 2014 bis 2018 hat das Bundesverfassungsgericht die bisherigen Regelungen dennoch als für weiterhin anwendbar erklärt. Für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 wurde der Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31.07.2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. Die Zinsfestsetzungen für Zeiträume ab dem 01.01.2019 werden derzeit ausgesetzt und nachträglich veranlagt, sobald eine Neuregelung in Kraft getreten ist.
Das Bundesministerium für Finanzen hat am 22.02.2022 den Referentenentwurf für das „Zweite Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ veröffentlicht. Schwerpunkt des Gesetzes ist die vom Bundesverfassungsgericht geforderte rückwirkende Neuregelung des Zinssatzes für Zinsen nach § 233a AO.
Der Referentenentwurf sieht für die Verzinsung nach § 233a AO folgende Maßnahmen vor:
- Senkung des Zinssatzes für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 von bisher 0,5 % auf 0,15 % pro Monat. Die jährliche Verzinsung reduziert sich somit von 6,0 % auf 1,8 %.
- Die Angemessenheit des Zinssatzes soll unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes (§ 247 BGB) alle drei Jahre mit Wirkung für die nachfolgenden Verzinsungszeiträume evaluiert werden. Erstmals zum 01.01.2026.
Vertrauensschutz für bisher erhaltene Erstattungszinsen
Der neue Zinssatz gilt auch für noch nicht bestandskräftig festgesetzte Erstattungszinsen. Am Grundsatz des Vertrauensschutzes (§ 176 AO) soll aber festgehalten werden. Die Änderung der Zinsfestsetzungen soll gemäß Referentenentwurf mit der Maßgabe anzuwenden sein, dass die neu zu berechnenden Zinsen im Vergleich zur letzten Zinsfestsetzung keine Schlechterstellung des Zinsschuldners bewirkt. Auf Grundlage des alten Zinssatzes vorläufig festgesetzte Erstattungszinsen müssen dann grundsätzlich nicht anteilig zurückbezahlt werden.
Hinweis
Die Unvereinbarkeitserklärung des Bundesverfassungsgerichts erstreckt sich nicht auf etwaige andere Verzinsungstatbestände (Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen) nach der Abgabenordnung. Daher wird nach der Gesetzesbegründung die Frage einer Neuregelung des Zinssatzes für andere Zinsen nach der Abgabenordnung oder nach den Einzelsteuergesetzen beziehungsweise für Säumniszuschläge nicht mit dem „Zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ beantwortet.
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