Das Bundeskabinett hat am 30. März 2022 den Regierungsentwurf für ein „Zweites Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ beschlossen. Damit wird die vom Bundesverfassungsgericht geforderte rückwirkende Neuregelung des Zinssatzes bei Zinsen nach § 233a AO umgesetzt. Außerdem werden Regelungen zur Mitteilungspflicht bei grenzüberschreitende Steuergestaltungen an unionsrechtliche Vorgaben angepasst.
Neuregelung der Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen.
- Senkung des Zinssatzes für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 von bisher 0,5 % auf 0,15 % pro Monat. Die jährliche Verzinsung reduziert sich somit von 6,0 % auf 1,8 %.
- Die Neuregelung gilt für alle Steuerarten, auf die die Vollverzinsung anzuwenden ist. Eine Ausnahme einzelner Steuerarten, beispielsweise für die Umsatzsteuer, ist nicht vorgesehen.
- Die Angemessenheit des Zinssatzes soll unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes (§ 247 BGB) alle drei Jahre mit Wirkung für die nachfolgenden Verzinsungszeiträume evaluiert werden. Erstmals zum 01.01.2026.
- Weitere vereinzelte Anpassungen bei der Verzinsung nach § 233a AO
Teilverzinsungszeiträume.
Sind für einen speziellen Zinslauf unterschiedliche Zinssätze maßgeblich, ist der Zinslauf in Teilverzinsungszeiträume aufzuteilen. Die Zinsen für diese Teilverzinsungszeiträume sind jeweils tageweise zu berechnen. Bei der Berechnung wird ein Kalendermonat mit 30 Zinstage und dementsprechend ein Kalenderjahr mit 360 Tagen unterstellt. Endet allerdings der Zinsberechnungszeitraum am 28. Februar beziehungsweise in einem Schaltjahr am 29. Februar, werden die Zinsen nur bis zu diesem Tag berechnet. Geht der Zinsberechnungszeitraum hingegen über den Monat Februar hinaus, wird der Monat Februar wie die anderen Monate mit 30 Zinstage veranschlagt.
Beispiel: Verzinsung Steuernachzahlung für den Zeitraum 01.10.2018 – 29.02.2020
- Teilverzinsungszeitraum: 01.10.2018-31.12.2018:
Zinssatz: 6,0 % für 90 Tage von 360 Tage - Teilverzinsungszeitraum: 01.01.2019-29.02.2020:
Zinssatz: 1,8 % für 419 Tage von 360 Tage
Vertrauensschutz für bisher erhaltene Erstattungszinsen.
Laut der Bundesregierung wird am Grundsatz des Vertrauensschutzes (§ 176 AO) festgehalten. Daher darf bei einer rückwirkenden Neuberechnung von Zinsen im Vergleich zur letzten Zinsfestsetzung keine Schlechterstellung des Steuerpflichtigen bewirkt werden. Auf Grundlage des alten Zinssatzes vorläufig festgesetzte Erstattungszinsen müssen nach unserer Ansicht nicht anteilig zurückbezahlt werden.
Andere Verzinsungstatbestände
Die Unvereinbarkeitserklärung des Bundesverfassungsgerichts erstreckt sich nicht auf etwaige andere Verzinsungstatbestände (Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen) nach der Abgabenordnung. Daher wird die Frage einer Neuregelung des Zinssatzes für andere Zinsen nach der Abgabenordnung oder nach den Einzelsteuergesetzen beziehungsweise für Säumniszuschläge nicht mit dem „Zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ beantwortet.
Wichtiger Hinweis
Bitte beachten Sie, dass die obigen Ausführungen nur eine unverbindliche Zusammenstellung nach heutigem Stand darstellen. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit wird keine Haftung übernommen.
Ihre Ansprechpartner:
Andrea Seitz | Partnerin, Steuerberaterin
Kevin Mayr | Prüfungsassistent
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